Belebter Stadtraum statt graue Straße: Ein „Supergrätzel" in Wien zeigt, wie urbane Lebensqualität aussehen kann.
Belebter Stadtraum statt graue Straße: Ein „Supergrätzel" in Wien zeigt, wie urbane Lebensqualität aussehen kann.

Mehr Raum für Menschen

Wie sieht eine Stadt aus, in der sich alle Menschen sicher, selbstständig und gern bewegen? Diese Frage steht im Mittelpunkt einer gerechten, inklusiven Stadtplanung – und genau dort setzt das Konzept der Superblocks an.

Ein Superblock fasst mehrere Häuserblöcke zu einer Einheit zusammen. Der motorisierte Durchzugsverkehr wird umorganisiert, Zufahrten bleiben möglich – doch der Straßenraum verändert sich grundlegend. Es entstehen sichere Wege für Zu-Fuß-Gehende und Radfahrende, Plätze zum Verweilen, neue Grünflächen und Spielbereiche für Kinder.

Der Lärm nimmt ab, die Luft wird besser und der gewonnene Platz schafft Raum für Begegnung, Bewegung und Erholung direkt vor der Haustür. Der öffentliche Raum wird wieder zu einem Ort für Menschen – unabhängig davon, wie schnell sie sich fortbewegen oder wie mobil sie sind.

„Superblocks sind ein Baustein für die Stadt der kurzen Wege“, sagt Mobilitätsstadträtin Janine Bex, BSc. „Sozial, klimagerecht und inklusiv. Sie machen sichtbar, wie viel Lebensqualität entsteht, wenn wir Platz für Menschen schaffen.“ Denn wer zu Fuß oder mit dem Rad unterwegs ist, braucht gut gestaltete Wege, Orientierung und Aufenthaltsqualität – keine Abkürzung für den Durchzugsverkehr. Superblocks zeigen, wie eine solche Umverteilung des Raums gelingen kann: alltagstauglich, nachhaltig und mit einem klaren Fokus auf jene, die unsere Stadt täglich beleben.

Barrierefreiheit

Wo zuvor Bordsteine, enge Gehwege oder unübersichtliche Querungen den Alltag erschwerten, sorgen nun niveaugleiche Übergänge, gut erkennbare Wegführungen und ausreichend Platz für mehr Sicherheit und Selbstständigkeit. Studien zeigen: In Superblock-Gebieten verbessert sich die Zugänglichkeit von ursprünglich 89 auf fast hundert Prozent – ein deutlicher Fortschritt, der vor allem älteren Menschen, Menschen mit Behinderungen oder Familien mit Kinderwägen und Kleinkindern zugutekommt.

Doch Barrierefreiheit endet nicht bei der Beweglichkeit. Superblocks schaffen Strukturen, die auch das soziale Miteinander stärken: Quartierscafés, kleine Plätze, Nachbarschaftsgärten und lokale Nahversorgung fördern Begegnung und machen das eigene Wohnumfeld lebendiger. Besonders für Menschen, die auf kurze Wege im Alltag angewiesen sind, wird das direkte Wohnumfeld dadurch zum zentralen Lebensraum.

Und mit zusätzlichen Grünflächen, hellen Belägen und schattenspendenden Bäumen leisten Superblocks zugleich einen wichtigen Beitrag zum Stadtklima – gerade in heißen Sommermonaten wird der Aufenthalt im öffentlichen Raum dadurch angenehmer und gesünder.

Barrierefreiheit ist kein Extra, das man nachträglich dazudenkt. Sie ist der Ausgangspunkt für eine Stadt, in der sich alle Menschen sicher, selbstbestimmt und mit Freude bewegen können – im Alltag, im Quartier und mitten im Leben.

Stadträtin Janine Bex

Stadträtin Janine Bex

Lebendige Quartiere

Viele Städte setzen in der Umgestaltung auf temporäre Maßnahmen, um das Konzept früh erlebbar zu machen. Pop-up-Plätze, Nachbarschaftsfeste oder mobile Sitzgelegenheiten zeigen, wie lebendig ein Superblock sein kann – noch bevor bauliche Verbesserungen beginnen.

Auch in Innsbruck rücken solche Projekte zunehmend in den Fokus. „Unser Ziel ist eine Stadt, in der sich alle Menschen selbstbestimmt bewegen können. Wo man sich begegnet, wohlfühlt und gut zurechtkommt – unabhängig von Alter, Einkommen oder körperlicher Verfassung“, betont Janine Bex. „Barrierefreiheit ist mehr als nur ein Leitsystem oder eine Rampe. Sie ist Teil einer Stadt, die für alle da ist. Und genau deshalb überprüfen wir gerade die Superblock-Potenziale in Innsbruck und mögliche Umsetzungen.“

Gelegenheit, das Konzept hautnah zu erleben, bietet sich im Rahmen der Europäischen Mobilitätswoche am 18. September nachmittags vor dem Haus der Musik - bei der interaktiven Ausstellung zu Superblocks kann man ins Gespräch kommen, ausprobieren und Einblicke in den Prozess erhalten. DJ

Drei Fragen an Stadträtin Janine Bex...

… zur Stadtplanung von morgen

Was ist für Sie eine gerechte Stadt?

Eine gerechte Stadt ist eine, in der sich alle Menschen sicher, selbstbestimmt und willkommen fühlen – unabhängig von Einkommen, Alter oder Mobilität. Dafür braucht es nicht nur sozialen Wohnbau, sondern auch fair verteilten öffentlichen Raum.

Warum setzen Sie auf neue Konzepte wie Superblocks?

Weil wir den Mut brauchen, neue Wege zu gehen. Superblocks ermöglichen mehr Grün, mehr Ruhe, mehr Lebensqualität – und sie fördern Barrierefreiheit ganz konkret. Das ist Stadtplanung mit Zukunft.

Wie können BürgerInnen mitgestalten?

Indem sie ihre Erfahrungen einbringen, etwa bei Beteiligungsverfahren. Stadtentwicklung soll nicht über die Köpfe der Menschen hinweg geschehen, sondern gemeinsam mit ihnen – für ein kinder- und klimagerechtes Innsbruck.