
Die Anfänge der Hebammen in Innsbruck
Die erste Innsbrucker Trostfrau
Die ersten Frauen, die Schwangere begleiteten, waren meist weibliche Verwandte oder Freundinnen. Sie hatten sich ihr Wissen durch selbst erlebte Geburten oder durch die Beobachtung anderer Frauen beim Gebären angeeignet. Je häufiger eine Frau Schwangere begleitete, desto öfter wurde sie zu Geburten gerufen, weil sie als besonders erfahren galt.
1535 beantragten 12 adelige Damen beim Stadtpfarrer, dass sich eine Frau namens Anna Hartmann, die Köchin eines Mitglieds der Hofgeistlichkeit, gegen eine wöchentliche Bezahlung nur noch der Geburtshilfe widmete: „Weil wir sehen und täglich erfahren, daß großer Mangel an solchen Trostfrauen hier in Innsbruck ist und sie gute Proben ihres Könnens abgelegt hat, […] bitten wir, hiernach unterschriebene Frauen, […] der genannten Anna wöchentlich einen Betrag anzuweisen, damit sie sich einen eigenen Haushalt einrichten und ihren Dienst mit Gott und Ehren treulich und fleißig versehen möge.“
Lange Zeit war der Beruf der Hebamme folglich eine Art der Freunderlwirtschaft. Die praktische Erfahrung und Weiterempfehlung der „Trostfrauen“ dominierten die Geburtshilfe in der Stadt bis ins 17. Jahrhundert.
Die Trostfrau wandelt sich zur Hebamme
Erste Schritte in Richtung einer Professionalisierung der Geburtshilfe gab es zur Zeit der Aufklärung, als gesunde Kinder als wertvolle Staatsbürger angesehen wurden, die für das Wachstum des Staates von Bedeutung waren. Zuvor oblag die Aufsicht der Hebammen dem Stadtpfarrer. Vor einer Anstellung prüfte er die Kirchentreue und die Lebensweise der Frauen, die ihm auch einen monatlichen Bericht über ihre Arbeit erstatten mussten. Unter der Regentschaft von Maria Theresia (1717–1780) kam es zu ersten Ansätzen einer geregelten Ausbildung für Hebammen. An der medizinischen Fakultät in Innsbruck, die seit 1654 bestand, hielt ab 1754 der jeweilige Professor für Anatomie und Chirurgie einen Kurs über die Geburtshilfe für angehende Ärzte ab. 1765 richtete man auch einen zweimonatigen Ausbildungskurs für Hebammen ein. Der Kurs war mit einem einjährigen Praktikum bei einer erfahrenen Hebamme verknüpft. Jedes Gericht musste auf eigene Kosten zwei Frauen zu diesen Kursen schicken, wodurch auch die Zahl der ausgebildeten Hebammen in den Landgemeinden stieg.
Dennoch gab es weiterhin noch zahlreiche Afterhebammen, sprich Geburtshelferinnen ohne Ausbildung. Es gab Bemühungen diesen Hebammen die Arbeit zu untersagen. Ein Schreiben von 1799 regelte allerdings, dass in entfernten Gegenden, wo das Warten auf eine qualifizierte Hebamme eine Gefahr für Mutter und Kind darstellte, eine Frau aus einem nahegelegenen Dorf zur Unterstützung einspringen durfte. Dieser Umstand galt als absoluter Ausnahmefall.
Wer regelmäßig als Afterhebamme arbeitete, musste mit Geld- oder Haftstrafen sowie körperlicher Züchtigung rechnen. Nach der Eingliederung Tirols an Bayern 1806 sprach die neue Regierung ein gänzliches Berufsverbot für Afterhebammen aus.

Von Trient nach Wilten: Die Gründung der Innsbrucker Gebäranstalt
Ab 1818 existierte eine „Bildungsanstalt für Zivilwundärzte und Hebammen“, ausgestattet mit einer „medizinischen Weiberabteilung“ im ersten Stock des Bürgerspitals (heutiger Bereich des Gymnasiums am Adolf-Pichler-Platz). Das Spital verzeichnete allerdings kaum Geburten. Über der Gebärabteilung befand sich das „Zimmer für unheilbare und ekelhafte Kranke“, was vermutlich viele Frauen vom Gang ins Spital zur Geburt abhielt. Neidisch blickte man auf die Gebär- und Findelanstalt Alle Laste bei Trient, die bereits über 200 Geburten im Jahr verzeichnete. Alle Laste war sowohl eine Gebäranstalt als auch Hebammenschule und bot zudem Obhut für ausgesetzte Kinder. Als die Leitung von Alle Laste 1868 von Wien dem Land Tirol übertragen wurde, wurde die Gebäranstalt im heutigen Tiroler Landesarchiv neu eingerichtet. Einen wirklichen Versorgungsauftrag für die Stadtbevölkerung hatte die Gebäranstalt allerdings nicht. Kinder aus „anständigen“ Familien kamen zu Hause zur Welt. Vorrangig mittellose Frauen suchten die Gebäranstalt auf, um das außereheliche Kind zur Welt zu bringen.
Die Hebammenausbildung hatte sich zu diesem Zeitpunkt endgültig durchgesetzt. Ein neuer Berufsstand war geboren, der mit dem Prinzip der Gewerbefreiheit ab Mitte des 19. Jahrhunderts an Auftrieb gewann. Unter vielen Hebammen kam es zu Konkurrenzkämpfen, die oft existenzbedrohend waren. Sie nutzten Mundpropaganda oder Zeitungen, um auf ihre Arbeit aufmerksam zu machen. Vor allem ab 1890, inmitten der Industrialisierung, fanden die Geburten nicht mehr in den kleinen Arbeiterwohnungen, sondern in den Wohnungen der Hebammen statt. Während der Ersten Republik arbeiteten 361 Hebammen in Tirol (Stand 1924).
Das neue Hebammengesetz von 1925 sollte zu einer materiellen Besserstellung und fachlichen Fortbildung der Geburtshelferinnen beitragen. Es erweiterte den Aufgabenbereich einer Hebamme. Sie mussten nun den Säugling überwachen, an der Mutterschafts- und Säuglingsfürsorge mitwirken und die Verschwiegenheitspflicht einhalten. Zudem unterschied das Gesetz erstmals zwischen öffentlich bestellten Hebammen, die nur in einem gewissen Sprengel tätig sein durften, freipraktizierenden Hebammen und Anstaltshebammen, die in Krankenanstalten oder ähnlichen Einrichtungen arbeiten.