Urban Gardening am Leipziger Platz in Pradl in der Zwischenkriegszeit.
Urban Gardening am Leipziger Platz in Pradl in der Zwischenkriegszeit.

„Bitte lächeln!“ – Foto Margit und Much Heiss

Die Ausstellung „Bitte lächeln!“ im Stadtmuseum/Stadtarchiv Innsbruck zeigt bis Mitte April zwei völlig verschiedene Bestände aus der Tiroler Fotografiegeschichte, die jedoch durch ihr familiäres Band eng zusammengehören. Von Niko Hofinger, Tobias Rettenbacher und Renate Ursprunger

Vater Michael „Much“ Heiss marschierte in der Zwischenkriegszeit als Landschaftsfotograf durch Tirol und fotografierte mit der Plattenkamera Berge und Täler für den Vertrieb in seinem Ansichtskartenverlag. Die Aufnahmen waren handwerklich perfekt und dokumentierten mit etwas Distanz die Welt vor 100 Jahren. Much Heiss durfte nach der strengen Zunftordnung lange keine Personen in Räumen fotografieren. Der jung verstorbene Fotograf hinterließ Bilder und Verlag seiner einzigen Tochter.

Tochter Margarethe „Margit“ Heiss, verheiratete Oberhaidinger, lernte zunächst das Handwerk bei ihrem Vater und führte dann nach 1945 ein Porträtstudio in ihrer großen Wohnung in der Innsbrucker Leopoldstraße Nummer 7. Sie hat viele tausend Menschen fotografiert, ihre Fotos zeigen die BewohnerInnen unserer Stadt ganz nah und in allen Lebenslagen.

Eine städtische Porträtgalerie

Dieser Fotoschatz zur Innsbrucker Stadtgeschichte nach 1945 lagerte seit gut einem Jahrzehnt mehr oder weniger unbearbeitet in den Depots des Stadtarchivs. Das lag auch an der enormen Größe dieses Bestandes: Über 25.000 Negative in Packpapierkuverts, zu jeweils hundert in Päckchen geschnürt, harrten lange ihrer ersten genauen Sichtung. Zu den Negativen haben sich glücklicherweise auch die Bestellbücher erhalten, in denen nicht nur Namen und Adressen der KundInnen, sondern auch kurze Beschreibungen der angefertigten Bilder stehen.

Mit der Sichtung dieser Bestellhefte begannen wir im Stadtmuseum, uns den Bestand zu erschließen. Mit Handy und Lichtpult knipsten wir eine Auswahl der Negative, um die Fotos erstmals auch wirklich betrachten zu können. Beim Studium der Bilder kam bei allen Beteiligten gute Laune auf. So ist der Ausstellungstitel „Bitte lächeln!“ nicht nur als die Aufforderung der Fotografin an die über tausend in dieser ungewöhnlichen städtischen Porträtgalerie gezeigten Personen zu verstehen: Wir hoffen, dass auch unsere Freude bei der Arbeit mit den Bildern von Foto Margit für die BesucherInnen der Ausstellung spürbar wird.

Der „Landschafter“ Much Heiss

Much Heiss ist heute eigentlich nur mehr unter SammlerInnen von Ansichtskarten ein bekannter Name. Von diesen Karten hat er mit seinem Verlag so große Auflagen hergestellt, dass sie heute noch auf jedem Flohmarkt in Tirol zu finden sind.

Ein gutes Landschaftsfoto ist ja nie ein einfacher Schnappschuss. Man muss die richtige Jahreszeit wählen, den Sonnenstand kennen, etwas Glück mit dem Wetter haben und darüber hinaus jene Liebe zur Bildgestaltung besitzen, die einen noch eine zweite und dritte Runde um das Haus oder Dorf machen lässt, bevor man den Auslöser betätigt.

Es ist zudem nicht leicht, von vielbesuchten Orten originelle neue Bilder anzufertigen. Nur Touristen werden sich Foto des Goldenen Dachls oder aus der Maria-Theresienstraße in ihre Alben kleben. Auch deshalb sind die etwas außerhalb der bekannten Pfade gemachten Fotos von Much Heiss in der Ausstellung prominent vertreten.

Ladies and Gentlemen

Der beste Grund, ins Fotostudio zu gehen, ist der, dass man sich an diesem Tag gut fühlt und das auch dokumentieren will. Man hat sich kürzlich einen neuen Pullover oder Anzug gekauft, war beim Friseur und die Mama oder der Verlobte wollen ein Bild fürs Nachtkästchen. Die Personen in der Auswahl Ladies & Gentlemen posieren in aktuellen Moden und zeigen die neu gefundene Lockerheit und Lebenslust der Nachkriegszeit. Dabei darf auch ein leichtes erotisches Knistern versprüht werden.

Zwei Feschaks in Pose für die Kamera.

Familienaufstellung

Die Art und Weise, wie sich eine Familie für ein Foto zusammensetzt, ist immer interessant. Wer kommt ins Zentrum, die Oma oder der Nachzügler? Einzelne Mitglieder stellen sich nahe zusammen, andere rutschen lieber ans andere Ende des Bildes. Was war der Anlass für dieses generationsübergreifende Erinnerungsbild? Kann man die Beziehungen im Familienkosmos heute noch erkennen? Oder denken alle Abgebildeten schon an das Schnitzel im nahen Gasthaus Steneck danach?

Zum runden Geburtstag mit der lieben Oma

Die Ausstellung „Bitte lächeln!“

Die Ausstellung im Stadtarchiv/Stadtmuseum (Badgasse 2) zeigt bis 16. April über 1.200 Fotos aus den Beständen von Vater Much Heiss und seiner Tochter Margit Oberhaidinger.

Öffnungszeiten: Montag–Freitag 9.00–17.00 Uhr

Speziell für Schulen und SeniorInnen gibt es eigene Führungen; bei Interesse melden Sie sich bitte per E-Mail unter post.stadtarchiv@innsbruck.gv.at oder telefonisch +43 512 5360 1400