Das Jusitzgebäude in der Schmerlingstraße: Das direkt angeschlossene Gefangenenhaus – im Volksmund scherzhaft „Schmerlinger Alm“ genannt – ist links im Bild zu erkennen
Das Jusitzgebäude in der Schmerlingstraße: Das direkt angeschlossene Gefangenenhaus – im Volksmund scherzhaft „Schmerlinger Alm“ genannt – ist links im Bild zu erkennen

Innsbruck vor 100 Jahren - Jänner 1920

aus dem Stadtarchiv von Matthias Egger

2. Jänner 1920
Der Silvesterabend in Innsbruck. Trotz der Wirtschaftlichen Not, unter der der Großteil der Bevölkerung leidet, gab es am Silvesterabend in zahlreichen Großbetrieben der Stadt starken Verkehr. Die Stadtsäle, in denen die organisierte Arbeiterschaft ihre Silvesterfeier veranstaltete, waren überfüllt und Hunderte von Personen, die Einlaß begehrten, mußten abgewiesen werden. Bei heiterer Musik und Vorträgen blieb man dort bis zur Jahreswende beisammen. Auch die übrigen Konzertlokale waren überfüllt und es herrschte in den vorgerückten Stunden oft das tollste Treiben. In den Gastwirtschaften, in denen keine Konzerte stattfanden,
war es etwas ruhiger, teilweise waren sie sogar ziemlich leer, was hauptsächlich wohl dem Umstande zuzuschreiben ist, daß infolge des Streiks der Wirte nirgends Speisen abgegeben wurden.

5. Jänner 1920
Der Kohlenmangel an den städt. Schulen. Wegen Mangels an Heizmaterial kann der Unterricht an den städtischen Volks- und Bürgerschulen vorläufig noch nicht aufgenommen werden. Nur die Schulen mit Holzheizung, das sind die Knaben- und Mädchenvolksschule in der Leopoldstraße, sowie die Knaben- und Mädchenvolksschule in St. Nikolaus, werden am 7. Jänner wieder eröffnet.

7. Jänner 1920
Musikverein Innsbruck. Mittwoch findet um halb 5 Uhr eine Probe für das gesamte Orchester statt. (Die Herrn Bläser werden ersucht, schon um 4 Uhr zu  erscheinen.) Angesichts der dringenden Notwendigkeit, besonders Richard Strauß‘ „Tod und Verklärung“ noch gründlich auszufeilen, ergeht an die (nicht berufsmäßig) ausübenden Mitglieder des Orchesters die besondere Bitte, vollzählig um halb 5 Uhr zu erscheinen. Generalprobe Donnerstag halb 8 Uhr abends im Musikvereinssaale. Das Konzert findet Freitag abends halb 8 Uhr im großen Stadtsaal statt.

Das Hotel Arlbergerhof lag gegenüber dem Hauptbahnhof. Leicht zu erkennen ist, dass die Perspektive für  Werbezwecke massiv verzerrt wurde.
Das Hotel Arlbergerhof lag gegenüber dem Hauptbahnhof. Leicht zu erkennen ist, dass die Perspektive für Werbezwecke massiv verzerrt wurde.

10. Jänner 1920
Durch das schon oft gerügte Aufspringen auf den fahrenden Trambahnzug ist ein neuerlicher bedauerlicher Unfall zu verzeichnen. Am Mittwoch um 6 Uhr abends sprang der 14jährige Johann Alber, Sohn des Johann Alber, Lokomotivführers in Pension, auf den in voller Fahrt befindlichen Zug der Linie 3 in der Nähe des Gasthofes „Arlbergerhof“, kam zu Fall und geriet mit dem rechten Fuß unter die Schutzvorrichtung des Beiwagens, wobei er am Fuß eine starke Quetschung erlitt.

13. Jänner 1920
Diebstahl. In der Nacht auf Sonntag wurden an der Wasserleitung des im Bau befindlichen Hauses des Herrn Sauerwein aus Pradl an der Straße zwischen Mühlau
und Arzl die Wasserleitungshähne gestohlen, so daß sich das Wasser auf die Felder und Straße ergoß. Vom Täter fehlt jede Spur.

15. Jänner 1920
Vom Wetter. Am Samstag blieb das Wetter unentschieden. Der Sonntag war fast ganz bedeckt, abends trat starker Föhn ein. Der Montag war von heftigen  Regengüssen ausgefüllt. In der Nacht auf Dienstag wurde es klar, untertags setzte wieder sturmartiger Föhn ein, der die Temperatur auf beinahe 20 Grad Hinaufschnellen ließ. Mittwoch früh war es klar, vormittags aber setzte ein ungemein heftiger Sturm mit Regen und Schnee ein. – Heute erscheint die Gegend mit Schnee wieder leicht angestaubt, der natürlich beim ersten Sonnenstrahl verschwinden wird.

17. Jänner 1920
Auch ein Zeichen der Zeit. Wie man uns berichtet, ist das „Graue Haus“, das Gefangenenhaus des hiesigen Landesgerichtes, überfüllt. Mehr als 350 Insassen bevölkern die Zellen, die zu anderer Zeit kaum 100 bis 150 Häftlinge beherbergten. Die Mehrzahl der Delikte sind Eigentumsschädigungen, Diebstähle und Einbrüche.

Hier sind die Innsbrucker Feuerwehrmänner bei einer Einsatzübung im Herbst 1919 zu sehen.
Hier sind die Innsbrucker Feuerwehrmänner bei einer Einsatzübung im Herbst 1919 zu sehen.

22. Jänner 1920
Hungerschrei aus dem Landesgerichte. Ein eigenartiges Bild bot sich, wie die „Volkszeitung“ berichtet, Sonntag nachmittags den Passanten in der Maximilianstraße.
Die Fenster des Landesgerichtes waren „dicht“ besetzt von Häftlingen, die durch Gesten den Straßenpassanten zu verstehen gaben, daß sie Hunger haben. Aus dem
Gefängnishofe, wo wahrscheinlich um diese Zeit der übliche „Spaziergang“ unternommen wurde, hörte man wütendes Geschrei, aus dem wiederholt die Worte:„Hunger, Hunger“ ans Ohr schlugen.

24. Jänner 1920
Schweizer Suppenküche in Hötting. Auch in Hötting kommen 300 Portionen zur Ausgabe. Berücksichtigung finden hauptsächlich bedürftige, alleinstehende ältere Personen. Anmeldungen werden am Sonntag vormittags von 9 bis 11 Uhr im neuen Schulhause, Parterre rechts, gegen Vorweis der Brotkartennummer entgegengenommen. Näheres dortselbst.

27. Jänner 1920
Inserat. Mädchen der dienenden Klasse, guter Charakter, sucht Anschluß an ebensolchen Herrn nicht über 30 Jahre zwecks Ehe, Bahnangestellter bevorzugt. Ernstgemeinte Anträge erbeten unter „Frühjahrsglück 3047“ an die Verwaltung.

29. Jänner 1920
Kaminbrand. Vorgestern den 27. Jänner 8 Uhr abends wurde die städtische Berufsfeuerwehr auf telephonischem Wege in die Herzog-Friedrichstraße („Goldener
Adler“) gerufen. Es war dort der im Kamin angesammelte Ruß in Brand geraten, jedoch gelang es der Feuerwehr durch ihre bekannte Schlagfertigkeit das Feuer baldigst zu lokalisieren.