
Das lange Warten auf den Leopoldsbrunnen
von Thomas Kuster
Namensgebend für das Monument ist der Tiroler Landesfürst Erzherzog Leopold V. (1586–1632). Umgeben wird der Reiter von einem bronzenen Hofstaat von Göttern wie Oceanus, Neptun, Triton, Göttinnen wie Amithride, Diana und einer Moosgöttin samt munteren Knabenfiguren. Das Bildprogramm steht im Zeichen von Universalansprüchen der Habsburger über Land sowie Meer, und Leopold lässt sich als siegreicher Feldherr feiern. Die künstlerisch-technische Meisterleistung liegt in der Pose des sich aufbäumenden Pferdes (Levade), das ohne Stütze balanciert. Inspiration hierfür lieferten Reiterstandbilder in Venedig, Florenz und das klassische Vorbild des Marc Aurel in Rom. Als frühester Beleg für einen von Leopold V. geplanten Brunnen gilt der Reisebericht von Philipp Hainhofer aus dem Jahr 1628. Dem Augsburger Kunsthändler wurden die Einzelteile bei seinem Aufenthalt in Innsbruck präsentiert. Er benennt mit Caspar Gras den Bossierer und mit den Bronzegießern Heinrich und Friedrich Reinhart die ausführenden Künstler. Der Tod des Landesfürsten und die Wirren des Dreißigjährigen Krieges verhinderten eine Aufstellung des Brunnens.
Wanderschaft eines Kunstwerks
Auf Anregung von Leopolds Witwe, Claudia de Medici, oder ihres kunstsinnigen Sohnes, Ferdinand Karl, kamen die bronzenen Einzelteile getrennt voneinander im Innsbrucker Hofgarten zur Aufstellung. Zwei Generationen später entführte Kurfürst Max Emanuel von Bayern im Zuge des bayerischen Rummels (1703) die Götter und den erzherzoglichen Reiter nach München. Auf Intervention Kaiser Leopolds I. und unter Mithilfe des Ambraser Schlosshauptmannes Jakob von Arparell kehrte das Raubgut am 2. März 1705 nach Innsbruck zurück. Die Götter wurden wieder zur Zierde des Hofgartens, während die Reiterfigur in den Innenhof der Neuen Ruhelust gestellt und nach dem Brand des Gebäudes 1728 ebenfalls in den Hofgarten integriert wurde.
Umgestaltungen von Hofgarten und Rennweg Ende des 18. Jahrhunderts gaben Anlass, Reiter und Figuren wieder einander näher zu bringen. Der Maler Peter Denifle schlug 1798 vor, zwei weibliche Figuren dem Reiter zur Seite zu stellen. Einen weiteren Entwurf lieferte der Historienmaler Josef Strickner 1801, wo die Reiterfigur mit Umzäunung vor dem Hoftheater (heute Landestheater) von je einer weiblichen Göttin flankiert wird.
Gegen Sitte und Moral verstießen die nackten Figuren in den Augen Andreas Hofers und seiner Getreuen. Diese dachten an das Einschmelzen der Bronzen, was durch das beherzte Eingreifen des Beamten Anton von Pfaundler 1809 vereitelt werden konnte. Er veranlasste den Transfer nach Schloss Ambras, wo Götter- und Knabenfiguren im Spanischen Saal eine neue Heimstatt fanden.Inspiriert vom Entwurf Strickners, schmückte das Reiterstandbild dann von 1826 bis 1893 den Vorplatz des Hoftheaters.

Ein Brunnen für Innsbruck
„Innsbruck um Sehenswürdigkeiten an künstlerischen Denkmälern bereichern“, war das erklärte Ziel Johann Deiningers, Konservator und Direktor der Staatsgewerbeschule Innsbruck, als er 1893 von romantischer Eingebung durchdrungen, an die Innsbrucker Stadtregierung zur Errichtung eines Monumentalbrunnens herantrat. Zusammen mit dem Bildhauer Heinrich Fuss wurde ein Modell angefertigt, das bereits am 20. Juni 1890
im Tiroler Landesmuseum der Öffentlichkeit präsentiert worden war. Schwierig gestaltete sich das Zusammenbringen des bronzenen Figurenschmucks mit dem Reiter. Alle Bronzen waren 1883 inventarisch den „K. K. Sammlungen Schloss Ambras“ zugeordnet, für die das kaiserliche Obersthofmeisteramt in Wien verantwortlich zeichnete. Dem Innsbrucker Gemeinderat wurden erst am 28. Dezember 1892 die Bronzen
zur Errichtung des Brunnens leihweise überlassen. Das Kunstprojekt wurde nicht von allen wohlwollend gesehen. So entbrannte im Jänner und Februar 1893 in der Lokalpresse eine Fehde unter den damals angesehensten Kulturvertretern von Land und Stadt. Meinungsverschiedenheiten herrschten über das Konzept an sich, über Material-, Proportions- und Stilfragen. Deininger blieb standhaft und konnte Kaiser Franz Joseph und Mitgliedern des Kaiserhauses im Rahmen der Tiroler Landesausstellung erstmals im Frühsommer 1893 seinen Brunnen präsentieren.
Die Innsbrucker Nachrichten feierten den Brunnen als „einem Werk Rafael Donners […] ähnlich“. Im Boten für Tirol und Vorarlberg vom 26. Juli 1894 findet sich dann lediglich die Notiz, dass „ohne Sang und Klang der Leopoldsbrunnen in Innsbruck […] auf dem Rennwege öffentlich zur Auffstellung gelangt“ ist. Damit hatte das frühbarocke wasserspeiende Kunstwerk endlich den heutigen Ort erreicht und erfreut seitdem Einheimische wie Besucher.