Studierende halfen Brennholz für die Universität zu transportieren. Foto, 1918/1919
Studierende halfen Brennholz für die Universität zu transportieren. Foto, 1918/1919

Innsbruck vor 100 Jahren - Dezember 1919

von Renate Ursprunger

1. Dezember 1919
Unfall. In Mühlau ist am Samstag vormittags ein junger Monteur mit einem Mast für elektrische Leitung, der morsch war und brach, zu Boden gestürzt und hat sich dabei den linken Oberarm gebrochen.

3. Dezember 1919
Schneckenpost. Die erhöhten Postgebühren scheinen einen eigenartigen Einfluß auf das Tempo der Zustellung auszuüben. So berichtet ein Freund unseres Blattes, daß am Montag vergangener Woche im Ortsverkehre Innsbruck aufgegebener Expreßbrief am Mittwoch nachmittags dem Empfänger zugestellt wurde.

4. Dezember 1919
Holz für die Universität. Dem Aufruf zur gemeinsamen Beförderung des für die Beheizung unserer Hochschule bestimmten Holzes war die akademische Jugend in großer Zahl freudig gefolgt. Der Zug um 6 Uhr früh führte die Teilnehmer und Teilnehmerinnen nach Kranebitten und sogleich ging es mit jugendlichem Eifer an die Arbeit, die, von herrlichem Wetter begünstigt, flott vonstatten ging. Das Holz mußte vom Lagerplatz über einen Kilometer weit bis zur Reichsstraße geschafft werden, wo Autos die Weiterbeförderung nach Innsbruck übernahmen. Die Jugend verteilte sich über die ganze Strecke und „durch der Hände langer Kette, um die Wette - - “ wanderten die Holzscheite zur Verladungsstelle, sodaß schon nach 3 Uhr nachmittags die meiste Arbeit getan war.

 

Nachgestellte Krippenszene. Glasplatte, 1914.
Nachgestellte Krippenszene. Glasplatte, 1914.

5. Dezember 1919
Hungerdemonstration in Innsbruck. Die vollkommen unzureichende Lebensmittelverteilung in den letzten Wochen stellt die Geduld der Innsbrucker Bevölkerung auf eine harte Probe. Gestern gegen 3 Uhr nachmittags versammelten sich mehrere hundert Personen, hauptsächlich Frauen, denen man die Not und Entbehrung deutlich ansehen konnte, vor der Landesregierung und verlangten stürmisch vom Landeshauptmann Schraffl empfangen zu werden. Bürgerwehr und Polizei wollten den Demonstranten den Eintritt in das Landtagsgebäude verwehren, es gelang aber zirka hundert Frauen und Männern in das Gebäude einzudringen, wo sie sich in die Kanzlei des Landeshauptmannes begaben.

9. Dezember 1919
Neuwahl der Gemeindevorstehung in Igls. Von dort wird uns berichtet: Am 7. Dezember wurde die Gemeindevorstandswahl vorgenommen. Gewählt wurden die Herren: Franz Maurer, Bürgermeister, Johann Wieser, Bürgermeisterstellvertreter, Karl Kapferer, 1. Vorstandsmitglied und Adolf Zimmer, 2. Vorstandsmitglied. Leider waren alle Bemühungen, unseren bisherigen Vorsteher wieder an die Spitze zu stellen, vergebens. Seine jahrelange, unermüdliche Arbeit findet allgemeine dankbare Anerkennung und bei allen ungeteiltes Lob. Möge es dem neuen Gemeinderat gelingen, die schweren Kriegslasten zu erleichtern und den einzigen Kurort Tirols wieder aufzurichten.

10. Dezember 1919
Julfeier der „Glockenhofer“. Die alpine Gesellschaft „Die Glockenhofer“ veranstaltet am kommenden Samstag in der geräumigen Veranda am Rechenhofe ihre diesjährige Julfeier in Form eines Familienabends verbunden mit Glückstopf. Alle Freunde und Gönner des Vereines sind hiezu eingeladen. Für Musik und Gesang ist bestens gesorgt. Spenden für den Glückstopf werden dankbarst entgegengenommen und wären im Klublokal, Gasthof „Gold. Löwe“, Kiebachgasse, zu hinterlegen.

 

Die Alpine Gesellschaft die lustigen Glockenhofer wurde im April 1908 offiziell gegründet. Mitglieder der Glockenhofer vor der „Glockenhoferhütte“. Foto, undatiert.
Die Alpine Gesellschaft die lustigen Glockenhofer wurde im April 1908 offiziell gegründet. Mitglieder der Glockenhofer vor der „Glockenhoferhütte“. Foto, undatiert.

12. Dezember 1919
Anmeldungen für das Kriegerdenkmal in Hötting.. Die Gemeindevorstehung Hötting ersucht uns um Aufnahme folgender Einladung: Alle in Hötting wohnhaften Angehörigen von Gefallenen oder verstorbenen Kriegern werden eingeladen, die Namen und die Personaldaten derselben dem Gemeindeamte Hötting, Zimmer Nr. 3 in der Zeit vom 12. Dezember bis 31. Dezember während den Amtsstunden bekanntzugeben.

20. Dezember 1919
Krankenmehlausgabe. Vom 21. Dezember angefangen wird das Krankenmehl auf die abgestempelten Brotkartenabschnitte wieder bei der Firma Rindfleisch, Kiebachgasse, verabfolgt. Da das Mehl für sämtliche Kranke vorhanden ist, ist ein Anstehen nicht notwendig.

24. Dezember 1919
Zurückweisung ehrenrühriger Gerüchte. Gegen die Firma Math. Lechle und Komp., Lederhandlung in Innsbruck liefen in der letzten Zeit Gerüchte um, daß diese Firma für Nordtirol bestimmtes Leder nach Südtirol verschleppt habe. Wie nun die Firma Lechle und Komp., im Ankündigungsteile (unter Eingesendet) unseres Blattes feststellt, entbehren diese Gerüchte der Wahrheit. Gleichzeitig erklärt die Firma jedermann strafgerichtlich zu verfolgen, der in Hinkunft ein ehrenrühriges Gerücht gegen sie weiter verbreitet.

 

Die Lederhandlung Matthias Lechle & Comp. befand sich bis in den Anfängen der 19020er Jahre in der Stiftgasse 6, dann übersiedelte das Geschäft an den Burggraben 29. Foto, undatiert.
Die Lederhandlung Matthias Lechle & Comp. befand sich bis in den Anfängen der 19020er Jahre in der Stiftgasse 6, dann übersiedelte das Geschäft an den Burggraben 29. Foto, undatiert.

29. Dezember 1919
Die Sperre der Gastwirtschaften in Innsbruck. Die Sperrung der Küchenbetriebe in sämtlichen Gasthäusern der Stadt Innsbruck, die am Samstag begonnen hat, dauert noch an und die Wirte werden, wie uns vom Vorstande der Gastwirtegenossenschaft mitgeteilt wurde, solange nicht nachgeben, bis ihnen durch den Magistrat jene Preise zugebilligt werden, mit denen sie ein Auskommen finden können. Die Gastwirte bedauern lebhaft, daß durch die Schließung der Küchenbetriebe jene Gäste, die auf die Mahlzeiten in den Gasthäusern angewiesen sind, gerade jetzt während der Weihnachtszeit gezwungen sind, mit Unbequemlichkeit ihre Mahlzeit zu suchen, sie appellieren aber auch an die Einsicht des Publikums und geben zu bedenken, daß die vom Magistrate festgesetzten Tarife den tatsächlichen Eingangspreisen nicht entsprechen.

Hilde Hammerle schrieb 1914 einen Wunschzettel für das liebe Christkind. Firmenvordruck Spezialgeschäft für Galanterie- und Spielwaren Alois Singer Innsbruck, 1914
Hilde Hammerle schrieb 1914 einen Wunschzettel für das liebe Christkind. Firmenvordruck Spezialgeschäft für Galanterie- und Spielwaren Alois Singer Innsbruck, 1914