
Innsbruck vor 100 Jahren - Oktober 1925
3. Oktober
Die feindlichen Schwägerinnen. Aus nichtiger Ursache gerieten zwei Höttingerinnen in Streit. Die eine bearbeitete ihre Gegnerin, die Frau ihres Bruders, mit dem Suppenschöpfer, so daß diese eine offene Kopfwunde davontrug, die Mißhandelte riß ihrer Schwägerin dafür derart gründlich die Haare aus, daß noch gestern dem Richter eine kahle Stelle vorgezeigt werden konnte. Bei dem Streit rief die eine Frau ihren Mann zu Hilfe. Dieser beendete den Streit auf sehr einfache Art, indem er seine Schwester fest verprügelte. Alle drei waren nun wegen Körperverletzung angeklagt. Sie haben sich inzwischen schon lange wieder ausgesöhnt und nahmen ohne weiteres die milde Strafe von je 10 Schilling an, die der Richter über sie verhängte.
10. Oktober
Die Trauerkundgebung des Innsbrucker Gemeinderates. Am Freitag, den 9. d. M., 1/2 12 Uhr vormittags, versammelten sich der Gemeinderat der Stadt Innsbruck vollzählig im Kongreßsaal des Tiroler Landhauses – der Adlersaal war durch die Messeausstellung belegt,– zu einer eindrucksvollen Trauerkundgebung anläßlich des 6. Jahrestages der Annexion des deutschen Südtirols.
13. Oktober
Von einer Bergtour nicht zurückgekehrt. Fräulein Eva Hodermann, Angestellte der Anna-Apotheke in der Maria-TheresienStraße ist von einer Bergtour nicht zurückgekehrt. Fräulein Hodermann ließ bei ihren Quartierleuten die Mitteilung zurück, daß sie die Absicht habe, den Habicht zu besteigen. Von anderer Seite wird angegeben, daß ein Fräulein, auf das die Personsbeschreibung des Fräulein Hodermann paßt, am Sonntag im Solsteingebiet gesehen worden ist. Die Landesrettungsstelle Innsbruck des Alpenvereins hat Nachforschungen nach der Vermißten eingeleitet und, weil nach den vorliegenden Anhaltspunkten eine Tour auf den Habicht wahrscheinlicher ist, gestern mittags eine Expedition in das Stubaital abgesendet. Fräulein Hodermann hat schon mehrere Bergtouren, die sie stets alleine machte, unternommen.

21. Oktober
Ausgabe der Lokalbahn-Einheimischen-Legitimationen für 1926. Die Betriebsleitung der Lokalbahn teilt mit: Ab 2. November gibt die Lokalbahn Innsbruck – Hall i. T. die neuen Legitimationen, auf Grund deren Einheimische auf den Innsbrucker Lokalbahnen ermäßigte Fahrkarten erhalten, für das Jahr 1926 aus. Diese Einheimischen-Legitimationen gelten auch für den Rest des Jahres 1925. Anspruch auf Einheimischen Legitimationen haben österreichische Staatsbürger, die länger als drei Monate ununterbrochen in einer Gemeinde wohnen, die an einer Linie der Innsbrucker Lokalbahnen liegt und die sich mit einem gültigen Meldezettel, in dem auch die Staatsbürgerschaft ersichtlich gemacht sein muß, ausweisen. […] Eine solche Legitimation kostet 2 S; außerdem ist eine Ausstellungsgebühr von 20 g, somit zusammen S 2.20 zu entrichten. […] Die Ausgabe von neuen Legitimationen erfolgt ausschließlich an der Hauptkassa am Bahnhof Berg Isel (Eingang gegenüber dem Bierstindl-Garten).
24. Oktober
Wetterberichte. Innsbruck, 24.Okt. Gestern war es bei Fortbestehen des Föhnwetters größtenteils regnerisch; erst in der Nacht trat der Windwechsel und damit eine teilweise Aufklärung ein, die heute früh Fortschritte machte. Die Temperatur ist gefallen; in der Früh waren 6 Grad, die Berge sind wieder tief verschneit.
26. Oktober
Stadttheater Innsbruck. Montag 8 Uhr abends volkstümliche Vorstellung zu ermäßigten Preisen, Johann Strauß-Nachfeier. „Der lustige Krieg“, Operette in drei Akten von Johann Strauß. In der Besetzung der Erstaufführung. – Dienstag 8 Uhr abends „Sonja“, Operette in drei Akten von Leo Ascher. In der Besetzung der erfolgreichen Erstaufführung. – Mittwoch 8 Uhr abends „Das Glück im Winkel“, Schauspiel in drei Akten von Hermann Sudermann. […]

28. Oktober
Egger-Lienz – Ehrendoktor der Universität Innsbruck. Die Promotionsfeier. Prof. Albin Egger-Lienz wurde, wie bereits berichtet, am 24. ds. M. an der Universität Innsbruck zum Ehren-Doktor der philosophischen Fakultät promoviert. Wir erfahren hiezu folgendes: Die Promotion des Meisters wurde vom Professorenkollegium der philosophischen Fakultät bereits am 11. Mai d. J. beschlossen und am 12. Mai vom akademischen Senat der Universität Innsbruck genehmigt. […] Infolge äußerer Umstände konnte die Promotion jedoch erst jetzt stattfi nden. Auf Wunsch des Meisters wurde der feierliche Akt in der einfachsten Form durch den Dekan der philosophischen Fakultät, Prof. Dr. Lerch, vorgenommen. […] Dekan Lerch begrüßte den Meister mit folgenden Worten: „In der von Ihnen gewünschten einfachen äußeren Form überreichen wir Ihnen, Herr Professor, das Doktordiplom. Erblicken Sie, hochverehrter Meister, in Ihrer Promotion zum Doktor phil. H. c. eine Ehrung Ihrer Meisterschaft, einen Akt der persönlichen Verehrung, aber auch das Symbol einer Huldigung der Wissenschaft vor der Kunst.