
An der Spitze der Verwaltung
Frauen an der Spitze einer Stadtverwaltung sind auch 2024 noch keine Selbstverständlichkeit. Ein Drittel der Magistrate aller österreichischen Landeshauptstädte werden von Frauen geleitet. Seit 2021 bekleidet Gabriele Herlitschka dieses Amt in der Landeshauptstadt. Derzeit sind österreichweit neben Innsbrucks Magistratsdirektorin mit Mag.a Gerda Torök (Eisenstadt) und Mag.a Ulrike Huemer (Linz) zwei weitere Frauen in dieser Funktion tätig. In Bregenz arbeitet Dr.in Birgit Obernosterer-Führer als stellvertretende Stadtamtsdirektorin ebenfalls an vorderster Front in der Stadtverwaltung mit. Anlässlich des Internationalen Frauentages am 8. März sprechen Gabriele Herlitschka (GH) und Georg Willi (GW) über das Thema Frauen in Führungspositionen und die aktuellen und künftigen Herausforderungen für Magistrate.
Im Magistrat Innsbruck sind 956 Frauen tätig. Macht es einen Unterschied, ob eine Frau oder ein Mann Führungsverantwortung hat?
GH: Ich habe den Eindruck, dass es in der Erziehung von Mädchen und Buben nach wie vor recht verbreitet Unterschiede gibt. So wird bei Mädchen oft auf Einfühlungsvermögen und Hilfsbereitschaft mehr Wert gelegt. Tendenziell nehme ich bei Frauen in Führungspositionen – ganz unabhängig von der Hierarchieebene und den gängigen Führungsqualitäten – viel Bemühen und Flexibilität wahr, möglichst viele im Team mit ins Boot zu holen.
GW: Es sollte längst selbstverständlich sein, dass Frauen in allen Positionen und auf allen Ebenen vertreten sind. Dass hier noch immer in vielen Bereichen Ungleichheiten herrschen, hat strukturelle Gründe. An kompetenten und fachlich bestens qualifizierten Kandidatinnen hat es noch nie gemangelt – im Gegenteil, Frauen sind in der Regel formal besser ausgebildet als Männer.
Wie stehen Sie generell zu Frauen in Führungspositionen?
GH: Ich kenne und erlebe viele Frauen, die ihre Aufgabe in einer Führungsposition hervorragend und ermutigend für andere leben und gestalten. Unterm Strich bekenne ich aber klar, dass für mich z. B. bei der Auswahl in Bewerbungsverfahren das Geschlecht eine völlig untergeordnete Rolle spielt. Entscheidend sind für mich definitiv die fachliche Qualifikation und die menschlichen Führungsqualitäten. Es geht mir um Anständigkeit in jeder Hinsicht. Menschen in Führungspositionen haben auch eine Vorbildfunktion und mit dieser Verantwortung gilt es umsichtig, zukunftsorientiert und für das Umfeld nachvollziehbar Entscheidungen zu treffen.
GW: Die öffentliche Hand als Dienstgeberin hat eine Vorbildfunktion. Die Stadt Innsbruck bekennt sich aktiv zur Frauenförderung, in Stellenanzeigen werden Frauen explizit angesprochen und aufgefordert, sich zu bewerben. Ich habe in meiner Zeit als Personalreferent auch eingeführt, dass die Vorauswahl geeigneter Kandidatinnen und Kandidaten immer wieder durch eine externe Personalagentur erfolgt – ich bin davon überzeugt, dass die politische Einflussnahme bei Stellenbesetzungen in der Verwaltung so gering wie möglich gehalten werden muss.
„Die öffentliche Hand als Dienstgeberin hat eine Vorbildfunktion. Die Stadt Innsbruck bekennt sich aktiv zur Frauenförderung, in Stellenanzeigen werden Frauen explizit angesprochen und aufgefordert sich zu bewerben.“ (Bürgermeister Georg Willi)
Pionierin in dieser Position im Magistrat Innsbruck, aber jedenfalls keine Quotenfrau? Braucht es dieses Konzept 2024 aus Ihrer Sicht nicht mehr?
GH: Das Thema Gleichstellung wird in Österreich sicher noch nicht umfassend gelebt, aber wir machen Fortschritte. Es gibt strukturelle Probleme mit noch immer sehr traditionellen Rollenbildern, aber im Magistrat sind wir da auf einem guten Weg. Das erkennt man am besten an den vielen kompetenten Frauen, die in und für diese Stadt arbeiten und Verantwortung tragen. Und in diesem Sinn habe ich im beruflichen Kontext kein „Frauenbild“, genauso wenig wie ein „Männerbild“, sondern ich sehe Menschen, die mit viel Kompetenz und Einsatzfreude für unsere Stadt arbeiten. Darauf kommt es mir an.
Wie stehen Sie zum Thema Frauenquote?
GW: Quoten sind wichtig, um Gleichstellung dort herzustellen, wo sie nicht gegeben ist, und weil sie strukturell wirken. Betreuungspflichten werden noch immer zum Großteil von Frauen getragen, sie gehen nach der Geburt eines Kindes öfter und länger in Karenz als Väter und auch die Pflege der älteren Generation ist im Regelfall Frauensache. Steigen sie wieder in den Arbeitsmarkt ein, dann oft in Teilzeit – mit allen ökonomischen Nachteilen – Stichwort Pension. Aufgabe der Politik ist es, faire Rahmenbedingungen zu schaffen, heißt im konkreten Fall auch: Ausbau der Kinderbetreuung und des Pflegebereichs.
Vor welchen Herausforderungen steht der Magistrat in den nächsten Jahren?
GH: Die Bevölkerung Innsbrucks wird immer vielfältiger und ich bin davon überzeugt, dass wir alle damit verbundenen Aufgaben und Herausforderungen umso besser erfüllen können, je vielfältiger wir uns selbst aufstellen. Diese gelebte Vielfalt oder Diversität verfolge ich in allen Bereichen: Geschlechter, Lebensalter, Berufs- wie auch Lebenserfahrung und natürlich eine breite Palette an fachspezifischen Ausbildungen. Je vielfältiger sich unsere Fachteams in den Ämtern und Referaten darstellen, desto umfassender ist der Blick auf schwierige Sachverhalte und umso besser können wir die berechtigten Wünsche und Ansprüche unserer Bevölkerung erfüllen. Natürlich sind auch wir bemüht, die Digitalisierung umfassend voranzutreiben. Allerdings stellt Digitalisierung für mich keinen Selbstzweck dar. Vielmehr wollen wir vorrangig dort digitalisieren, wo es rasch erkennbaren Mehrwert für die Bevölkerung und unsere Mitarbeitenden gibt. Bei meinen strategischen Entscheidungen, die Geld kosten, bin ich mir stets sehr bewusst, dass unsere Leistungen durch Steuermittel finanziert werden.
GW: Die Herausforderungen für und die Ansprüche an die Verwaltung steigen stetig und in allen Bereichen. In den nächsten Jahren, auch aufgrund einer Pensionierungswelle, wird es entscheidend sein, dass sich der Magistrat als moderner, verlässlicher und spannender Arbeitgeber präsentiert. Der Wettbewerb um die besten Köpfe wird immer härter, hier gilt es, die Vorteile des Magistrats als Arbeitgeber hervorzustreichen – und diese auch laufend zu optimieren.
Das Interview führte Katharina Rudig.
Die Magistratsdirektorin vertritt den Bürgermeister in der Eigenschaft als Vorständin des Magistrats und hat die Aufsicht über sämtliche Dienststellen des Magistrates. Zu den Kernaufgaben zählen die Betreuung der Angelegenheiten des Stadtsenats und Gemeinderates. Der Magistratsdirektorin obliegt die Leitung des inneren Dienstes und der Verwaltungsentwicklung. In der Wahrnehmung der Aufgaben des inneren Dienstes hat die Magistratsdirektorin für einen einheitlichen, geregelten und gesetzmäßigen Geschäftsgang in allen Zweigen der Stadtverwaltung zu sorgen. Dazu ist sie allen Bediensteten gegenüber weisungsbefugt und hat umfassende Inspektions- und Einsichtsrechte.