
Frauenpower für Innsbrucks „Wilden Osten“
Unter dem Titel „Standortoffensive Rossau“ läuft seit Juni 2022 ein breit angelegter Planungsprozess zur Weiterentwicklung von Innsbrucks größtem Wirtschaftsgebiet. Dabei wurde von Anfang an auf die Einbindung und aktive Mitarbeit von UnternehmerInnen, Beschäftigten und ExpertInnen Wert gelegt, um umsetzbare Verbesserungsmaßnahmen zu entwickeln. Federführend an diesem Prozess beteiligt sind die Ämter Immobilien, Wirtschaft und Tourismus sowie Stadtplanung, Mobilität und Integration. Extern wird der gesamte Prozess von drei Planungsbüros fachlich begleitet, das Wiener Planungsbüro „Raumposition“ leitet und koordiniert den Prozess.
Perspektivenwechsel
Eine Frau, die seit Beginn der Standortoffensive ihre Expertise als Stadtplanerin, Architektin und Geschäftsführerin von Raumposition in den Entwicklungsprozess einbringt, ist Dipl.-Ing. Daniela Allmeier. Sie hat bereits ähnliche Projekte in anderen Städten begleitet und wirft sozusagen aus der Außenperspektive einen Blick auf die Standortoffensive. Ihr Pendant aus dem städtischen Bereich ist Petra Köck, BA MA, vom Amt Stadtplanung, Mobilität und Integration, die seitens des Amtes für die operative Projektleitung zuständig ist. Innsbruck informiert bat die beiden Frauen „hinter“ der Standortoffensive zum Gespräch.
Frau Allmeier, welches Potenzial birgt Ihrer Einschätzung nach die Rossau?
Daniela Allmeier: Die Rossau birgt eine große Chance in sich, künftig ein hoch-attraktiver Standort für viele tausend Beschäftigte in Innsbruck zu sein – mit einer großen Vielfalt an unterschiedlichen Wirtschaftssparten und Beschäftigungsmöglichkeiten – und das quasi mitten in der Stadt. Das bedeutet aber auch, dass nun ein intensiver Aufwertungsprozess in der Rossau erfolgen muss, will die Rossau und damit auch Innsbruck als Wirtschaftsstandort zukünftig wettbewerbsfähig bleiben. Höchste Priorität liegt dabei in der Verbesserung der öffentlichen Anbindung, dem Ausbau von Rad- und Fußwegen, der Aufwertung der technischen Infrastruktur und der Qualifizierung der öffentlichen Straßenräume. Auch wenn in Innsbruck aufgrund der topographischen
Situation die Diskussion über den mangelnden Wohnraum stark präsent ist, so müssen wir mit gleicher Relevanz über das Arbeiten in der Stadt diskutieren und dieses langfristig für unterschiedliche Bedarfe sicherstellen.
„Aufgrund des rasanten Wachstums und stark veränderter Rahmenbedingungen ist es notwendig geworden, eine langfristige Perspektive für die Rossau zu erarbeiten.“ (Stadträtin Christine Oppitz-Plörer)
Frau Köck, gibt es so etwas wie eine weibliche Perspektive in der Stadtentwicklung?
Petra Köck: Ich denke, dass es gut ist, viele Perspektiven in die Stadtentwicklung einzubringen. Weiblich, männlich, jung, alt, neu zugezogen, alteingesessen – alle diese Perspektiven sind notwendig, um eine vielfältige und lebenswerte Stadt zu entwickeln. Der allwissende Planer – und jetzt absichtlich ungegendert – der abgeschottet vor sich hin plant und dann seinen Masterplan einer Stadt „überstülpt“, ist glücklicherweise eine Seltenheit geworden. Letztlich geht es nicht nur um eine „weibliche Perspektive“ auf die Stadt, sondern um das Bewusstsein, dass es unterschiedliche Lebensrealitäten und Alltage gibt und diese in allen Entwicklungen mitgedacht werden müssen.

Wie kann die Standortoffensive Rossau von dieser weiblichen Perspektive profitieren?
Köck: Wir beschäftigen uns nun seit zwei Jahren intensiv mit dem Wirtschaftsgebiet. Die „alltagsgerechte Brille“ hat uns dabei geholfen, die Perspektive zu erweitern. Es gibt zwar den Mann, der Montag bis Freitag morgens ins Büro in die Rossau pendelt und abends wieder mit dem Auto heimfährt. Für dessen Bedürfnisse wurde die Rossau lange Zeit entwickelt und so sieht sie auch größtenteils heute aus. In der Rossau arbeiten aber rund 13.000 Beschäftigte: Frauen wie Männer, in Teilzeit, in Vollzeit, im Schichtbetrieb, remote oder vor Ort, mit oder ohne eigenen Pkw. Manche von ihnen arbeiten in Hallen, die im Sommer aufgrund der starken Überhitzung der Rossau sehr heiß werden. Da bräuchte es unbedingt Bereiche, um sich in den Pausen ins Grüne setzen zu können. Ebenso fehlt es in der Rossau an verschiedensten Infrastrukturen.
Wie sieht Ihr bisheriges Fazit aus?
Köck: Um ehrlich zu sein, ich habe noch immer Respekt vor der ganzen Thematik. Wir versuchen, gemeinsam mit vielen Beteiligten ein bestehendes, aber in die Jahre gekommenes Gewerbegebiet aus den 1960er-Jahren umzubauen. Die Rossau ist 60 Jahre dahingewachsen, ohne viel ordnende Struktur, der „Wilde Osten“ Innsbrucks stößt aber an seine Grenzen. Ein Umbau ist grundsätzlich komplexer als ein Neubau, aber der Umbau eines ganzen Wirtschaftsviertels ist noch eine ganz andere Liga. Da braucht es viel Überzeugungsarbeit, gute Ideen und viel Geduld. Einige Meilensteine haben wir in dem zweijährigen Prozess schon fixieren können: Es wird ein Quartiersmanagement in die Rossau kommen und einige Buslinien sind bereits besser an die Rossau angebunden.
Das Gespräch führte Michaela Darmann.
Weitere Informationen zur Standortoffensive Rossau finden sich im dazugehörigen Dossier.