Kundgebung der Vaterländischen Front am 29. Juni 1933 am Rennweg. Frauen und Männer beobachten gespannt das Geschehen von der Ehrentribüne aus.
Kundgebung der Vaterländischen Front am 29. Juni 1933 am Rennweg. Frauen und Männer beobachten gespannt das Geschehen von der Ehrentribüne aus.

„Gottgewollte Arbeitsteilung" - Frauenengagement im Ständestaat

Zwischen 1933 und 1938 veränderte sich das Innsbrucker Frauenvereinswesen grundlegend. Das ständestaatliche Regime strukturierte die öffentliche Frauenarbeit um und nutzte sie stärker für ihre ideologischen Ziele. Von Verena Kaiser

Das Frauenbild im Ständestaat

Nach der Ausschaltung des Parlaments im Jahr 1933 errichtete die Vaterländische Front ein autoritäres Staatswesen. Das Regime stützte sich auf die katholische Religion und den damit verbundenen Wertekanon. Die Niederschlagung der Sozialdemokratie 1934 und die Auflösung liberal ausgerichteter Frauenvereine erleichterte die Rückkehr zur traditionellen Geschlechterordnung. Dass eine verheiratete Frau etwa berufstätig war und gleichzeitig eine Familie versorgte, galt für Anhängerinnen und Anhänger der Partei als unvereinbar. Frauen sollten wieder als reine Hausherrinnen am Bauernhof oder im Haushalt tätig sein. Mittels der Institutionalisierung des Mutterkults und Antiemanzipationsstrategien sollte die „gottgewollte“ Arbeitsteilung wiederhergestellt werden.

Vaterländische Frauenfront

Die Innsbrucker Zeitung verkündete im November 1933 die Gründung einer Vaterländischen Frauenfront. Der Verein sah sich als Sammelbecken aller österreichisch-vaterländisch gesinnten Frauen Tirols, die sich für den „Wiederaufbau Österreichs“ sowie für den „Ausbau der ständischen Gliederung der Gesellschaft“ engagierten. Die Tiroler Frauenfront war eine regionale Organisation der bundesweiten Frauenfront, deren Mitgliedschaft an die Zugehörigkeit zur Vaterländischen Front gebunden war. Sie veranstalteten Vorträge, Diskussionen und schafften in der „gesamten Frauenwelt“ Grundlagen für Hilfsaktionen. Im Jänner 1934 wurde zum Beispiel der Hilfspolizist Egon Weth (1911–1942) von Nationalsozialisten überfallen und schwer verletzt. Die Frauenfront beteiligte sich an einem öffentlichen Spendenaufruf für das Opfer, das ihrer Aussage nach aus „einer braven christlichen Familie“ stammte, und positionierte sich damit entschieden gegen die „nationalsozialistischen Greueltaten“.

Plakat des Mutterschutzwerks zum Muttertag 1936
Plakat des Mutterschutzwerks zum Muttertag 1936

Das Frauenreferat

Das Frauenreferat war eine Initiative der Vaterländischen Frauenfront und in der Hofburg ansässig. Seine Aufgabe war es, die politischen Interessen der Frau im öffentlichen Leben zu behandeln. Es sollte sich mit bestehenden Frauenorganisationen vernetzen und eine Verbindung mit allen Ständen und Berufsgruppen herstellen. Im Rahmen von sieben Arbeitsgemeinschaften übten die Mitglieder vor allem eine beratende Funktion aus. Die Namen der Arbeitsgemeinschaften verraten, was die Vaterländische Front unter den politischen Interessen der Frau verstand.

Die Gruppe „kulturelle Frauenangelegenheiten“ befasste sich mit der Presse, dem Kunstgewerbe sowie mit Film und Theater und wurde laut zeitgenössischen Zeitungsberichten von Schriftstellerinnen, Künstlerinnen oder Vertreterinnen der Presse geführt, wobei diese in den Quellen nicht namentlich erwähnt werden. Lehrerinnen und Kindergärtnerinnen schlossen sich zur Arbeitsgemeinschaft „Schule, Erziehung und Mädchenbildung“ zusammen und die Gruppe „Jugend und Fürsorge“ befasste sich mit Angelegenheiten der vorschulpflichtigen Kinder sowie der Jugendgerichtshilfe und der Armenfürsorge.

Das Frauenreferat bestand aus Mitgliedern der weiterhin bestehenden Katholischen Frauenorganisation sowie der ehemaligen selbständigen bürgerlichen Frauenvereine und vertrat daher eine Position der Geschlechtergleichheit als auch jene der Differenz. Sie befürworteten die Wesensverschiedenheit der Geschlechter, kritisierten aber – im Rahmen des Möglichen – die vom Staat ergriffenen Maßnahmen zur Verdrängung der Frau aus der Öffentlichkeit. So setzte sich das Frauenreferat zum Beispiel vehement für die Realisierung einer Hauswirtschaftskammer als Interessensvertretung für Hausfrauen und Hausgehilfinnen ein. Das ständestaatliche Regime weigerte sich aber den Stand der Hausfrau als eigenen Berufsstand anzuerkennen. 

Das Mutterschutzwerk

Neben dem Frauenreferat hatte auch das Mutterschutzwerk in der Hofburg seinen Sitz, das bevölkerungspolitische Intentionen verfolgte. Es sollte das vom Staat propagierte „Aussterben Österreichs“ verhindern und zu einem Anstieg der Geburtenrate beitragen, indem es Mütterschulungen im Sinne eines Ernährer-Hausfrauen-Familienmodells betrieb. Die Institution vermittelte den Glauben an die Heiligkeit der Ehe und die Notwendigkeit der Familie zum Lebensglück des Einzelnen und des Staates. Jedes Jahr zum Muttertag verlieh das Mutterschutzwerk Auszeichnungen an kinderreiche Mütter. Um für die Prämierung in Frage zu kommen, musste eine Frau mindestens drei Kinder haben und durfte keine Fürsorgeleistungen beanspruchen. Denn gemäß der Staatsideologie konnte eine bedürftige Mutter nicht gleichzeitig auch eine gute und tüchtige Mutter sein.