Die Weiherburg um 1900. Rechts im Bild womöglich der zum 4. Februar erwähnte „Riesennussbaum“.
Die Weiherburg um 1900. Rechts im Bild womöglich der zum 4. Februar erwähnte „Riesennussbaum“.

Innsbruck vor 100 Jahren - Februar 1920

aus dem Stadtarchiv von Hanna Fritz

3. Februar 1920
Ankündigungen von Vereinsveranstaltungen, Vorträgen usw. Infolge der großen Papierknappheit und der neuerlichen gewaltigen Steigerung der Papierpreise müssen wir alle Interessenten darauf aufmerksam machen, daß es uns jetzt ganz unmöglich ist, Ankündigungen von Veranstaltungen usw. öfter als einmal unentgeltlich aufzunehmen. Wir bitten hievon Kenntnis zu nehmen und sich darnach richten zu wollen.

4. Februar 1920
Ein Innsbrucker Wahrzeichen weniger. Der uralte Torwart der Weiherburg, der Riesennußbaum, ragt seit einigen Tagen seiner Aeste beraubt, und heute sind Arbeiter im Begriff auch den mächtigen Stamm zu fällen. Schon vor Jahrzehnten mußte dem Baumgreis das Tragen der schweren, weitausgespreizten Aeste mittels starken Eisenbändern erleichtert werden. Einige der größten und schwersten mußten schon damals abgesägt werden. Die Riesenkrone aber trieb, zwar sturmzerzaust und stark gelichtet, mit jedem Frühling noch Blätter und der Herbstföhn schüttelte noch manche köstliche Nuß herab auf den Tisch der im kleinen Schankgarten sitzenden Gäste. Im verflossenen Jahre hat er zum letzten Mal gegrünt. Eine Gedenktafel mit verwitterter Schrift ist noch dran befestigt: „Dieser Baum steht seit der Zeit des Herzogs Heinrich von Bayern ums Jahre 1300.“ Wie viele Fürstlichkeiten, Rittern und Minnesängern mag der Nußbaum den Willkommgruß zugerauscht haben! Kaiser Max, dessen Sommerlustschloß die Weiherburg war, ist wohl oft im Schatten des Riesenbaumes gesessen und hat die herrliche Tal- und Firnenschau betrachtet. Alle Wandlungen der Burg hat der Baum miterlebt; er sah sie als Lustschloß mächtiger Kaiser, als Fremdenherberge und Schenke und jetzt als Besitztum der Stadt Innsbruck, auf die er durch mehr als 600 Jahre hinabgeschaut hat. Mit dem ehrwürdigen Baum verschwindet ein Wahrzeichen dieser sagenumwobenen Burg, ein Zeuge aus großen, längst vergangenen Tagen.

Das Stubaital: damals wie heute ein beliebtes Ausflugsziel für Innsbrucker. Mit der Inbetriebnahme der Stubaitalbahn im Jahre 1904 ist selbiges für jeden durch eine kurze Fahrt erreichbar. Unten im Bild das Hotel Serles.
Das Stubaital: damals wie heute ein beliebtes Ausflugsziel für Innsbrucker. Mit der Inbetriebnahme der Stubaitalbahn im Jahre 1904 ist selbiges für jeden durch eine kurze Fahrt erreichbar. Unten im Bild das Hotel Serles.

5. Februar 1920
Die Hand abgehackt. Heute früh wollte ein hiesiger 50 Jahre alter Fleischergehilfe mit einer Fleischhacke einen Knochen auslösen. Die Hacke entschlüpfte jedoch dem Stiele; sie flog mit Wucht derart aufs linke Handgelenk, daß die Hand nur mehr an der Sehne hängen blieb.

5. Februar 1920
Selbstmordversuch. Gestern nachmittags hat sich in der Fallmerayerstraße ein junger Mann aus Lebensüberdruß eine Revolverkugel in die linke Brust gejagt, aber schlecht gezielt. Die Verletzung scheint vorläufig nicht lebensgefährlich zu sein.

6. Februar 1920
Ausflüge ins Stubaital. Hotel und Restaurant Serles nächst der Station Telfes der Stubaitalbahn. Telephon Fulpmes Nr. 3. Verpflegung vorgesorgt. Heizbare Zimmer.

10. Februar 1920
[Inserat] Gebe Kohle, Holz für einen guterhaltenen, womöglich großen Schlafdiwan. Briefe erbeten unter „Schlafdiwan 37“ an die Verw.

16. Februar 1920
Der Gartenbauverein Innsbruck vermittelt  zwecks Förderung des Gemüseanbaues für jedermann Sämereien, vorwiegend deutscher Herkunft. Für Mitglieder überdies zur Schädlingsbekämpfung Kupferviteriol, Perocid, Tabakextrakt und -pulver, Dendin usw. und so lange Vorrat, Kamit zur Düngung, jedoch nur in Posten zu 100 Kilo. Näheres auf der Vereinstafel: Kochstraße 10. Allen schriftlichen Anfragen, Anmeldungen usw. müssen Antwortmarken beiliegen, sonst keine Erledigung.

20. Februar 1920
Andreas Hofers Todestag. Zum Gedächtnisse des 110. Todestages unseres Nationalhelden wurde heute in der Hofkirche eine Jahresmesse gelesen, der Landeshauptmann Schraffl mit den vier Landeshauptmann-Stellvertretern und fünf Landesräten beiwohnten. Nach der Messe begaben sich die Landesvertreter zum Grabe Andreas Hofers in der Hofkirche.

20. Februar 1920
Deutschfreiheitliche Gesinnungsgenossen werden gebeten, zu der am Sonntag, den 22. Februar ds. Js. um 10 Uhr vormittags im großen Stadtsaale stattfindenden großen Versammlung des Tiroler Antisemitenbundes zuverlässig zu erscheinen.

21. Februar 1920
Ein seltener Frühlingsbote. Beim Hundeggerbauern in der Höttingerau steht, wie uns mitgeteilt wird, seit einigen Tagen ein Marillenbaum in herrlicher Blüte. Die Sonnenwärme der letzten prachtvoll schönen Tage hat die Marillenblüten zu so früher Zeit schon aus den Knospen geweckt, hoffentlich hindert kein versengender Frost oder Rauhreif ihre Entwicklung zur süßen wohlschmeckenden Frucht.

25. Februar 1920
Katzenjammer im wahrsten Sinne des Wortes herrscht jetzt in Natters infolge der Pelzteuerung unter dem Katzengeschlecht. So kamen einem hiesigen Gasthofbesitzer alle fünf Katzen nacheinander weg, denn ein guter Braten und obendrein noch ein Trinkgeld für den Balg, dürfte manche zum Katzenfang verleiten.

Abbildung des Grabmals von Andreas Hofer in der Hofkirche, entstanden um 1925
Abbildung des Grabmals von Andreas Hofer in der Hofkirche, entstanden um 1925