Blick auf die Innsbrucker Altstadt. Im Vordergrund ist die Innbrücke, rechts im Bild die ehemalige Innkaserne zu sehen.
Blick auf die Innsbrucker Altstadt. Im Vordergrund ist die Innbrücke, rechts im Bild die ehemalige Innkaserne zu sehen.

Innsbruck vor 100 Jahren - November 1919

von Angelika Kollmann-Rozin

3. November 1919
Der Güterzugverkehr. Die Staatsbahndirektion Innsbruck teilt mit: Mit Rücksicht auf die derzeit noch äußerst ungünstige Kohlenlage, die noch nicht die gänzliche Abbeförderung der seit mehr als Wochenfrist angestauten Frachtgüter ermöglichte, konnte der Güterverkehr mit 3. November nur teilweise wieder aufgenommen werden und zwar wurden die allernotwendigsten Bedarfsgüter, wie Lebensmittel und Brennmaterialien, wieder zugelassen.

6. November 1919
Herausgeschwindelt. Ein etwa vierzigjähriger mittelgroßer Mann, mit braunem Gesicht und gestutztem Schnurrbart, seinem Dialekt nach aus Vorarlberg hatte sich bei einer Bahnoberrevidentensgattin Eintritt zu verschaffen gewußt und ihr vorgespiegelt, Lebensmittel herbeizuschaffen. Hierauf erhielt er von der Frau einen Vorschuß von 400 K mit dem er verschwand und sich weder bei ihr, noch im „Weißen Kreuz“, wo er früher fast täglicher Gast war, mehr blicken ließ. Die Mutter der Frau erstattete gegen den unbekannten Betrüger Anzeige.

7. November 1919
Auffindung einer Kindsleiche im Rhombergkanal. Am 20. Oktober 1919 wurde im Rhombergkanal, gegenüber dem Hause Dreiheiligenstraße 31, die Leiche eines neugeborenen Kindes, männlichen Geschlechtes, aufgefunden. Vermutlich wurde das Kind die Nacht vorher in den Kanal geworfen. Zweckdienliches wolle der städtischen Polizei Innsbruck oder dem Landesgerichte mitgeteilt werden.

Museumstraße. Rechts im Bild das Museum Ferdinandeum.
Museumstraße. Rechts im Bild das Museum Ferdinandeum.

11. November 1919
Museum Ferdinandeum. Infolge Kohlemangels bleibt der Lesesaal des Museum Ferdinandeum bis auf weiteres geschlossen. Für die Entlehnung und Rückgabe von Büchern steht die Museumskanzlei jeden Dienstag und Freitag in der Zeit von 10 bis 2 Uhr offen. Die Schausammlungen des Museums bleiben an Wochentagen von 9-12 und 2-4 Uhr an Sonn- und Feiertagen von 9 bis 12 Uhr geöffnet.

14. November 1919
Zwei jugendliche Ausreißer. Die Bahnbeamtensgattin A. Koll erstattete die Anzeigen von dem plötzlichen Verschwinden ihres 13jährigen Sohnes Otto. Er hatte sich vor mehreren Tagen unauffällig aus dem Hause entfernt und ist seither nicht wiedergekehrt. Sein Verschwinden hängt augenscheinlich mit dem seines Schulkameraden A. Tangl zusammen, der gleichfalls von seinen Angehörigen als vermißt angezeigt wurde und gemeinsam mit dem ersteren heimlich aus Innsbruck sich entfernt hat. Beide Dreizenjährige sollen sich angeblich zu einer ihnen bekannten Frau nach Salzburg begeben haben. Tangl hat zu Schulkameraden öfter geäußert, daß er eine Reise antreten wolle. Nach anderweitigen Angaben sollen sich die Knaben in Scharnitz herumtreiben. Möglich, daß die beiden Buben aus Furcht vor einer ihnen drohenden Strafe die Flucht ergriffen haben.

18. November 1919
Ein zweiter Schuhkurs. Von der Vereinigung der arbeitenden Frauen wird uns geschrieben: Der am 10. November begonnene Schuhkurs hatte so viele Anmeldungen gezeitigt, daß am 24. November ein zweiter Kurs abgehalten werden muß. Um den Frauen Gelegenheit zu geben, aus kleinen Resten gehäkelte Hausschuhe anzufertigen, Strümpfe praktisch und schnell auszubessern, wird zweimal wöchentlich von 4-6 Uhr die Anleitung hiezu gegeben. […] Anmeldungen finden jeden Dienstag und Freitag von 5 bis 6 Uhr im Vereinsheim, Meinhardstraße 12, Stöckl, rechts, ersten Stock, statt.

Postkarte mit einer Winteransicht von Innsbruck vom Bergisel aus Richtung Norden.
Postkarte mit einer Winteransicht von Innsbruck vom Bergisel aus Richtung Norden.

18. November 1919
Erst Föhn – jetzt Schnee! Vor wenigen Tagen erst Kam Föhn von der Höhe, wo er das breite Band der Wälder in samtdunkler Pracht aus den Schneefeldern hob, in die Straßen unserer Stadt, wo sein heißer Atem die letzten Schnee- und Regenspuren aufsog. Doch sein trügerisches Regiment wich schon gestern scharfer Kälte und seit heute früh ist ein tüchtiges Flockentreiben eifrig daran, Stadt und Flur in ein dichtes, festes Winterkleid zu hüllen. Hoffentlich hält der Schneefall an, gibt den Feldern die schützende Decke und bewahrt uns vor allzu hartem Frost. Kommt heuer der Winter früh genug, so läßt wohl auch zu seiner Zeit der Frühling nicht auf sich warten.

20 November 1919
Eine jugendliche Schwindlerin hatte sich kürzlich bei der hiesigen Arbeitslosen-Amtsstelle um einen Dienstposten beworben und war an die Fleischhauersgattin A. Haslwanter gewiesen worden. Das Mädchen fiel der neuen Dienstgeberin gleich wegen ihrer Traurigkeit auf und antwortete auf die Frage der Frau, daß die „Tante“ schwer erkrankt sei. Die Magd erhielt nachmittags die Erlaubnis wegzugehen und auch die Frau entfernte sich. Als letztere wieder zurückkam, bemerkte sie das Fehlen eines Paares Damen-Halb- und eines Paares Schnürschuhe im Werte von etwa 300 K – die junge Magd kam aber nicht wieder. Es stellte sich heraus, daß sie sich eines falschen Namens und Adresse bedient hatte. Denn der angegebene Name und die Adresse sind die einer anständigen Familie, deren Tochter einen Posten als Beamtin bekleidet.

Werbepostkarte des Gasthofs Breinößl in der Maria-Theresien-Straße.
Werbepostkarte des Gasthofs Breinößl in der Maria-Theresien-Straße.

21. November 1919
Zur Heimkehrerfeier in Innsbruck wird mitgeteilt: Die Kriegsinvaliden nehmen an der Heimkehrer-Begrüßungsfeier am 23. November korporativ teil und versammeln sich am Sonntag um ¾9 Uhr vormittags im Hofe der Hofburg, um dann gemeinsam zum Berg Isel hinaufzugehen. Für die Fußbeschädigten stehen nach der Feier Extra-Wagen der Lokalbahn zur Verfügung und jene nehmen das Festmahl im Gasthause zum „Breinößl“ ein. Es werden alle Kameraden dringend ersucht, sich bis längstens Samstag beim Ersatzbataillon des 1. Tiroler Kaiserjägerregimentes (Innkaserne) für diese Feier anzumelden; es genügt der Vorweis der Mitgliedskarte.

22. November 1919
Gefährliche Gäste. Es wird uns berichtet: Im Laufe dieser Woche wurde einem Gastwirt in Hötting ein unangenehmer Besuch abgestattet. Nachdem die Herren (es waren Burschen von 18 bis 24 Jahren) etwas Zeche gemacht, fingen sie an, das Lokal förmlich auszuplündern. Als sich der Wirt zur Wehr setzte, wurden noch alle übrigen Sachen von dem diebischen Gesindel zertrümmert. Die rasch durchgeführten Erhebungen seitens der Sicherheitswache von Hötting führten zum vollen Erfolg. Sämtliche bei diesem diebischen Skandal beteiligten Personen wurden des anderen Tags verhaftet.

28. November 1919
Die Beute zurückgelassen. Im „Goldenen Dachl“ bot ein fremder Mann den Gästen verschiedene Bettwäsche zum Ankauf an. Infolge der Bemerkung eines Gastes, daß diese Sachen wohl gestohlen seien, erschrak der Man, warf die Wäsche auf den Boden und eilte zur Tür hinaus. Bald stellte sich heraus, daß der Fremde, ein etwa 30jähriger grau gekleideter Mann mit dunklem Haar und Schnurrbart, die Bettwäsche einem Gasthofbesitzer gestohlen hatte. Dieser wurde verständigt und hat sein Eigentum dann zurückerhalten.