
Eine Innsbrucker Grande Dame feiert Geburtstag
"Zeitig in der Früh beginnt dort an den Ständen das Fragen, Handeln und wohl auch Feilschen, das Loben und Preisen der schönen War‘ oder das Schimpfen, wenn die Frau Hinteregger gestern an holzigen Kohlrabi derwischt hat, wo sie doch scho zwanzig Jahr am gleichen Stand einkaft“. (1943)
Auf’n Markt gehen
Natürlich gab es in Innsbruck schon vor den beiden Hallen einen „mercatus“. Der Montagsmarkt, an dem Viktualien, also Lebensmittel, feilgeboten wurden, fand am Platz vor dem heutigen Goldenen Dachl statt: 1460 hatte Sigmund der Münzreiche der Stadt das Recht dazu verliehen. Die Verkaufsstände waren unter den Lauben („Stadtgewölben“) aufgestellt und damit Händler und Ware vor Wind und Wetter geschützt. 1765 wurde erstmals der Innrain zum Marktplatz umfunktioniert: Der Markt stand nun bis 1960 „unter dem so lauschigen Halbdunkel, das die mächtigen Baumkronen der Allee am Innrain über das allmorgendliche hausfrauengeschäftige Leben
und Treiben“ breiteten (1943).
Es hat sich „so manches enge Vertrauensverhältnis zwischen Markt- und Hausfrau herausgeschält, und jede der alten Marktfrauen hat ihre Stammkunden, die sie besonders gut hält und für die sie manch guats Stückl auf d’ Seiten legt“. (1943)

Frösche, Schnecken, Federvieh
„Allerley Garten-Gewächse, Grünzeug, auch saures und rübenes Kraut“ aber auch „Butter, Schmalz, Eier, Frösche, Schnecken, allerhand Feder- und anderes Wildpret“ (1791) wurden auch am nahen Markt bzw. Ursulinengraben angeboten. „Unreifes Obst, stinkende Fische, krepiertes Vieh“ waren verständlicherweise strengstens verboten (1791). Noch 1934 lagen an Samstagen geschlachtete „Schweine in Kisten“ vor der Johannes von Nepomuk-Kirche, „ihre Absonderungen“ verbreiteten einen entsprechenden „üblen Geruch“. Um 1950 konnten Katharina und Erna Fuchs aus Hötting dort zum ersten Mal in ihrem Leben die Bananen bestaunen, sogar erwerben – und dann verspeisen!
Die Maurer-Regina aus Arzl, die Kolb-Kathl und die Steinlechner-Toni "saßen tagtäglich um 6 Uhr früh auf ihrem Schemel hinterm Stand, und mühsam genug kamen die Kreuzer zusammen". (1943)
Die „neueste wohltätige Einrichtung der Stadt Innsbruck“
1913/14 wurde die heute noch bestehende Großmarkthalle am Herzog-Friedrich-Ufer von der Stadt Innsbruck errichtet. Allerdings war sie „nicht zum Verkaufe im Kleinen bestimmt“, sondern ihre „großen Räume“ sollten „zur Lagerung und Ansammlung von Lebensmitteln dienen, welche vom Auslande oder von der Landwirtschaft betreibenden Bevölkerung in die Landeshauptstadt gebracht“ wurden. Die Marktfrauen mussten daher weiterhin bei Wind und Wetter im Freien ausharren.
„War nit so leicht, denn der Weg von Rum ist weit genug, wenn man seine War‘ auf dem Handwagerl selber nach Innsbruck schieben musste.“ (1943)

Die „neue“ Markhalle
Vor 55 Jahren, 03. Oktober 1960, wurde die „neue“ Markhalle eröffnet. Die von Architekt Willi Stigler geplante Stahlbetonhalle stellt eine Erweiterung der bereits bestehenden Großmarkthalle dar. Vor ihren großen Fensterflächen sind markante Beton-Lamellen angebracht, die als Sonnenschutz dienen und der „neuen“ Markthalle ihre Charakteristikum verleihen. Im Westen ist sie mit der Großmarkthalle verbunden, in der nun auch die bisher im Freien hart und ungesund arbeitenden (bäuerlichen) Marktfrauen ihren Platz fanden (Bauernmarkt). Dem Handel hingegen wurde die „neue“ Markhalle (Kojengeschäfte und Fixstände) zugewiesen.
„Hart war die Arbeit daheim im Garten bis spät ins Dunkel hinein, und morgen hieß es mit dem Hahnenschrei heraus, denn wer nit zeitig genug am Platz war, der ging
mit viel War‘ und wenig Kreuzer mittags wieder heim.“ (1943)
Zitate
Die mit (1943) gekennzeichneten Zitate stammen aus dem im Jahr 1943 veröffentlichten Porträt der damals 74-jährigen Innsbrucker Marktfrau, Gertraud Klotz, Bäuerin in Rum. Ihr Bericht steht stellvertretend für alle Innsbrucker Marktfrauen.
Aus dem Stadtarchiv/Stadtmuseum
Dr. Helmuth Oehler