
Kulturmacherinnen
Im Oktober 2024 veröffentlichte das Bundesministerium für Kunst, Kultur, öffentlichen Dienst und Sport (BMKÖS) einen umfassenden Gender Report für den Kunst- und Kulturbereich. Darin wurde die Verteilung der Geschlechter im institutionellen, professionellen und vom Bund bzw. den Bundesländern geförderten Kunst- und Kulturbereich untersucht. Es zeigte sich: Im Kunst- und Kulturbereich arbeiten zwar mehr Frauen als Männer (55 Prozent zu 42 Prozent), Frauen verdienen jedoch im Durchschnitt um 37 Prozent weniger als ihre männlichen Kollegen. Je höher das Einkommen und je besser abgesichert der Job, desto höher ist der Anteil der Männer. Gerechte Bezahlung und bessere Sichtbarkeit von Frauen ist demnach im Kunst- und Kulturbereich ein großes Thema.
Ungleiches sichtbar machen
Ein erster Schritt hin zu mehr Gleichberechtigung von Frauen im Kulturbetrieb wird von der Stadt Innsbruck mit dem Kulturausgabenbericht getan. „Wir legen mit dem detaillierten Kulturausgabenbericht nach dem LIKUS-System seit 2021 den verantwortungsvollen und transparenten Umgang mit dem Budget offen“, hält Dr.in Isabelle Brandauer fest, die seit fünf Jahren das städtische Kulturamt leitet: „Die Offenlegung ist für den gesamten Kulturbetrieb und die Kulturpolitik insgesamt interessant, da sie als Grundlage und Entscheidungshilfe dient, aber auch Ungleichheiten sichtbar macht.“ Die Stadt Innsbruck hat 2023 für Kunst und Kultur 7,4 Prozent der Gesamtausgaben, also rund 39,5 Millionen Euro, ausgegeben. Damit liegt Innsbruck im Vergleich zu anderen Landeshauptstädten vor Salzburg auf Platz eins. Bei den Ausgaben pro EinwohnerIn liegt Innsbruck mit 296 Euro pro Kopf an dritter Stelle hinter Salzburg und St. Pölten.
Gender Budgeting und Fair Pay
Darin werden mit der Darstellung des Gender Budgeting (Verteilung der finanziellen Mittel zwischen den Geschlechtern) auch die verfassungsrechtlichen Bestimmungen umgesetzt. Dafür werden die personenbezogenen Förderungen analysiert und nach der Höhe der Förderung sowie nach der Anzahl der Personen dargestellt. 2023 wurden insgesamt 256.171 Euro (2022: 238.219 Euro) an personenbezogenen Kulturförderungen ausbezahlt. Davon erhalten 41 Fördernehmerinnen 146.693 Euro und 55 Fördernehmer 109 478 Euro. Im Vergleich zum Vorjahr 2022 sanken die Anteile der Frauen, die Förderungen erhielten, in allen Kategorien mit Ausnahme von „Literatur“ und „Museen, Archive, Wissenschaft“.
Um Kultureinrichtungen zum einen bei der Umsetzung von Fair-Pay-Maßnahmen zu unterstützen, zum anderen als Teuerungsausgleich stellte die Stadt Innsbruck 2023 zusätzliche finanzielle Mittel in Höhe von 268.285 Euro zur Verfügung. Die höchste Teuerungsausgleich-Förderung ging an „Kulturinitiativen, Zentren“ mit 56.302 Euro. Die größte Fair-Pay-Förderung floss an die Kategorie „Darstellende Kunst“ mit 37.491 Euro. Mehr zu den Kulturausgaben im Detail unter www.innsbruck.gv.at/kulturausgaben
Wie der Kulturausgabenbericht zeigt, unterstützt die Stadt Innsbruck die vielfältige Kunst- und Kulturszene – von den großen Einrichtungen bis hin zur freien Kulturarbeit – österreichweit am besten. Doch wir wissen auch, dass es im Kulturbetrieb in Sachen Gleichberechtigung und Fair Pay noch viel zu tun gibt. Vizebürgermeister Georg Willi |
![]() |
Frauen Bühnen geben
In der Stadtbibliothek Innsbruck sind 29 MitarbeiterInnen beschäftigt, davon sind 21 Frauen. „Bei unseren über 200 Veranstaltungen legen wir großen Wert darauf, dass wir gleich viele Frauen als Vortragende haben wie Männer, das gelingt uns im Jahresschnitt“, sagt Bibliotheksleiterin Mag.a Christina Krenmayr: „Auch beim Schulprogramm ‚Raumschiff Bibliothek‘ setzen wir Schwerpunkte, indem wir Wissenschaftlerinnen – vor allem aus dem MINT-Bereich – wie die Mathematikerin Ada Lovelace oder die Paläontologin Mary Anning in den Fokus rücken.“ Im Literaturbetrieb werden Autoren oft mehr wahrgenommen als Autorinnen, daher sorgt auch hier die Stadtbibliothek bewusst für einen ausgewogenen Buchbestand.
Auch in der Bildenden Kunst müssen junge Talente, besonders Frauen, sichtbarer gemacht werden. Das weiß auch Mag.a Natalie Pedevilla, die Leiterin der Galerie Plattform 6020. In der städtischen Fördergalerie wurden von 2019 bis 2024 in insgesamt 35 Ausstellungen Werke von 170 Tiroler Kunstschaffenden gezeigt – davon waren 91 Frauen und 79 Männer. Bei den Kunstankäufen, die in der Galerie Plattform 6020 seit 2019 gezeigt werden, wurden von 101 Kunstschaffenden Werke angekauft. Davon waren 44 Frauen und 57 Männer.
Für gerechte Verteilung
Vereine und Initiativen spielen eine wesentliche Rolle für die freie Szene in der Innsbrucker Kulturlandschaft und sorgen für große Vielfalt. An 225 Vereine wurden seitens der Stadt Innsbruck 2023 insgesamt rund 3,8 Millionen Euro an Förderungen ausbezahlt – die meisten davon in der Kategorie „Musik“ (63 Vereine), gefolgt von der Kategorie „Darstellende Kunst“ (39 Vereine) und „Kulturinitiativen, Zentren“ (35 Vereine).
105 Vereine in Innsbruck sind Mitglied der Plattform Tiroler Kulturinitiativen (TKI). Die TKI wurde 1989 gegründet und tritt unter anderem für Verteilungs- und Geschlechtergerechtigkeit ein. Helene Schnitzer ist seit 25 Jahren Geschäftsführerin der TKI und betont: „Unser Verein versteht sich als Netzwerk und Interessengemeinschaft von 180 Kulturvereinen in Tirol. Wir verfügen über eine große Kenntnis der freien zeitgenössischen Kulturszene und wissen um die Herausforderungen, aber auch Potenziale dieses kulturellen Segments bestens Bescheid.“ Die vertretenen kulturellen Genres reichen von regionalen und urbanen Netzwerken, von „klassischen“ Kulturinitiativen bis zu jungen, subkulturellen Gruppierungen.
Prägende Festwochen
Seit zehn Jahren ist Eva-Maria Sens Teil der Innsbrucker Festwochen der Alten Musik, ein Festival, das weit über Tirols Grenzen hinaus strahlt. Zunächst als Leiterin des künstlerischen Betriebsbüros, anschließend als Betriebsdirektorin und seit 2023 als künstlerische Direktorin prägte sie Innsbruck als Stadt und die Festwochen selbst stark mit. Mit dem Cesti-Wettbewerb fördern die Festwochen die Jugend und ermöglicht ihr, gemeinsam mit den MeisterInnen ihres Fachs auf der Bühne zu stehen. „Wer hält die Fäden in der Hand?“ ist das Motto der 49 Festwochen 2025. In zwei Opernproduktionen wird heuer die Geschichte der Ifigenia erzählt: die Geschichte um die Selbstermächtigung einer Frau. AS