
Innsbruck vor 100 Jahren
3. November
Im Rausche. Am Allerheiligentage nachmittags belästigte im Innpark ein 60 Jahre alter betrunkener Maschinenschlosser die Passanten. Als ein Wachmann kam, beschimpfte er auch diesen und wollte mit einem Weichselstock auf ihn losschlagen. Als ihn der Wachmann für arretiert erklärte, legte er sich auf den Boden und versuchte dem Wachmann in die Füße zu beißen. Erst mit Hilfe eines zweiten Wachmannes gelang es, den Betrunkenen auf die Wachstube zu bringen. Dort beschimpfte er die Beamten auf gemeinste Weise und stieß mit den Füßen gegen sie. Er musste deshalb mit einem Wagen in den Arrest gebracht werden.
8. November
Wenn der Mann Krägen ausbügelt. Im Hause Kirschentalgasse 3 ist ein Zimmerbrand ausgebrochen. Ein Schlosser wollte einen Kragen ausbügeln, schaltete zu diesem Zwecke das elektrische Bügeleisen ein und stellte es auf das Bett; er dachte dann nicht mehr darauf und entfernte sich aus der Wohnung. Durch das elektrische Bügeleisen geriet das Bett in Brand; durch die starke Rauchentwicklung wurde der Brand von Hausparteien bemerkt, die dann den Brand löschten. Gegen den Schlosser wurde wegen feuergefährlicher Handlung die Anzeige erstattet.
14. November
Ein teures Schäferstündchen. Einem Manne, der eine Nacht mit einer fragwürdigen Frauensperson zugebracht hat, wurde aus seiner Brieftasche ein Betrag von 1300 Lire gestohlen. Das Mädchen hat sich inzwischen aus dem Staub gemacht und soll sich jetzt in der Tschechoslowakei aufhalten.
15. November
Gaunerherrlichkeit in einer Villa. Aus Igls wird gemeldet: In der Villa „Wiesenhof“ haben fast eine Woche lang mehrere Einbrecher gehaust und es sich dort recht gemütlich gemacht. Die Villa, die den Erben nach Johann Spörr gehört, war in letzter Zeit unbewohnt. Die Diebe müssen dies ausgekundschaftet haben und sind deshalb in die Villa eingedrungen. Jeden Abend sind sie erschienen, haben dort gewirtschaftet, wie wenn sie die Herren wären und beim Fortgehen schleppten sie immer eine Menge Sachen weg. Nach ungefähr achttägiger Herrlichkeit hat die Gendarmarie einen der Täter, es ist ein erwerbsloser Deutscher Wanderbursche, verhaftet. Die übrigen sind entkommen. Außer Lebensmitteln haben die Diebe eine große Menge Wäsche verschleppt und zwar über 40 Leintücher, 60 Servietten, über ein Dutzend Bettüberzüge, mehrere Wolldecken, Handtücher, Tischtücher, Vorhänge, 12 Kitzfälle, 3 Hundefälle usw. Der Gesamtschaden dürfte sich auf 15 bis 17 Millionen Kronen belaufen. Der eine Täter wurde genau in dem Augenblick erwischt, als er wieder eine Menge Zeug wegschleppen wollte.
16. November
Theaterabend des kath. Burschenvereins Edelweiß St. Nikolaus. Es wird uns berichtet: Am Sonntag, den 4. November, fand im Arbeiterinnenheim bei vollbesetztem Hause die letzte Aufführung des sechsaktigen Ritterschauspiels „Vom Verräter umgarnt“ statt. Die Burschen scheuten weder Müh noch Arbeit, dieses große Stück nach besten Kräften wiederzugeben. Der Erfolg blieb nicht aus. Sämtliche Rollen […] wurden vortrefflich wiedergegeben. […]
17. November
Die freie Volksbibliothek des Volkswirtschaftlichen Vereins, die sich schon seit Jahren im alten Rathause (Stadtturm) befindet, wird anfangs nächsten Monats wiedereröffnet werden. Wie in frühen Jahren, wird sie zweimal in der Woche für die Bevölkerung zugänglich sein. Die Tage werden noch bekannt gegeben werden. Im Hinblicke auf die gegenwärtigen hohen Bücherpreise, die eine Nachschaffung von Büchern sehr erschweren, muß von den Besuchern der Bücherei ein Einsatz von 10.000 K verlangt werden, der zurückgezahlt wird, wenn die Partei sich keine Bücher mehr ausleiht. […]
21. November
Vermehrte Milchzufuhr für die Stadt. Vom Stadtmagistrat wird uns geschrieben: Die Milchanlieferung konnte wieder derart erhöht werden, daß der Bedarf voll gedeckt erscheint. Die während der Zeit der geringeren Anlieferungen notwendigen Beschränkungen wurden daher aufgehoben und der Bezug von Milch kann wieder nach Belieben getätigt werden.
23. November
Die Folgen einer Delogierung. Aus Hötting wird uns berichtet: Ungefähr vor sieben Wochen wurde in der Kirschentalgasse im Höttingergebiet eine Familie auf die Straße gesetzt. Heute noch stehen einzelne Möbelstücke, die ziemlich defekt sind, auf der Straße. Wenn schon der Eigentümer nicht mehr auf seine Sachen reflektiert, so möge doch einmal die Gemeinde dafür sorgen, daß diese Sachen von der Straße wegkommen.
30. November
Nächtliche Klettereien eines Reichswehrmannes. Wie der Polizeibericht meldet, wurde vor einigen Tagen gegen 3 Uhr früh von einem Wachmann ein Mann bemerkt, der über das hohe Eisengitter des Hauses Leopoldstraße 16 kletterte. Der Mann trug unter seinem Rocke ein Paket. Er gab an, das Paket zu einem Mädchen, das er beim Tanze kennen gelernt hat, bringen zu wollen, damit sie die im Paket verwahrte Wäsche reinige. In dem Paket befand sich aber nicht Leibwäsche, sondern ein Tischtuch. Die Erhebungen ergaben, daß das Tischtuch am gleichen Abend bei einer Tanzveranstaltung im „Grauen Bären“ gestohlen wurde. Der verdächtige Mann ist ein 44-jähriger Reichswehrmann. Er wurde verhaftet.
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