Virginia Brunner (Mitte), vermutlich mit Mitgliedern des Tiroler Hausfrauenvereins.
Virginia Brunner (Mitte), vermutlich mit Mitgliedern des Tiroler Hausfrauenvereins.

Der Innsbrucker Frauenverein

Wohltätigkeit, Bildung oder der Kampf um die Gleichberechtigung von Frauen und Männern: Das Betätigungsfeld der Innsbrucker Frauenvereine im 19. und 20. Jahrhundert war vielfältig.

von Verena Kaiser

Die Anfänge der Frauenvereine im Habsburgerreich können um das Jahr 1810 herum datiert werden, allerdings wurden sie erst Mitte des 19. Jahrhunderts zunehmend aktiver. Den (bürgerlichen) Frauen bot sich die Möglichkeit, die privaten Räumlichkeiten zu verlassen und in der Öffentlichkeit tätig zu werden. Sie lernten, ihre eigenen Interessen zu artikulieren und sich zum Erreichen ihrer Ziele mit anderen zu solidarisieren. Im Zuge dessen konnten Frauen erstmals an demokratischen Prozessen teilnehmen und in das politische Leben hineinschnuppern, denn auch Frauenvereine hielten regelmäßig Versammlungen ab, benötigten einen Vereinsvorstand oder mussten ihre Ziele vor größeren Gruppen überzeugend vermitteln. Allerdings gab es auch in diesem neugewonnenen Lebensbereich Einschränkungen, denn „[…] Frauenspersonen […] dürfen als Mitglieder politischer Vereine nicht aufgenommen werden“ (§30 des Vereinsgesetzes von 1867).

Mehr als nur Söckchen stricken

Die ersten Frauenvereine in Innsbruck betätigten sich insbesondere im Sozialbereich. Im Verlauf des 19. Jahrhunderts nahm die Arbeit außer Haus bei beiden Elternteilen zu, wodurch es zu Schwierigkeiten bei der Kinderbetreuung kam. Kaiser Franz I. rief daher zur Gründung sogenannter Kinderbewahranstalten auf, in denen Kinder bis zum fünften Lebensjahr aufgenommen werden sollten. 1834 wurde der Frauenverein zur Beförderung der Kleinkinder-Bewahranstalten und weiblichen Industrie-Schule in Innsbruck gegründet. Der Verein förderte drei Bewahranstalten, jene in der Museumstraße, in St. Nikolaus sowie in Dreiheiligen und versorgte diese mit Kleidung und Spielwaren. Die Mitgliederliste enthielt viele Namen der Tiroler Oberschicht, etwa Enzenberg, von Wolkenstein und Trapp, um nur einige zu nennen. Ein weiterer Wohltätigkeitsverein war der Elisabethen-Verein. Dieser widmete sich der Armen- und Krankenpflege sowie der Versorgung und Ausbildung von Dienstbotinnen. Im Jahr 1904 löste sich der Verein auf und die Tätigkeiten wurden von den Barmherzigen Schwestern übernommen.

Die Wohltätigkeit sollte jedoch nicht das einzige Tätigkeitsfeld der Frauenvereine bleiben. Die Innsbruckerin Virginia Brunner (1857–1947) ist dafür bekannt, mehrere Frauenvereine in der Stadt gegründet und geleitet zu haben. Mit dem Tiroler Hausfrauenverein gründete sie 1905 eine Organisation, die sich der „Förderung der allgemeinen praktischen Ausbildung von jungen Frauen und Mädchen für die eigene Häuslichkeit und für Berufszwecke“ verschrieben hatte. Zum Verein gehörte eine Koch- und Haushaltungsschule, die sich zunächst in der Sillgasse 17 und später in der Templstraße 10 befand. Gelegentlich wurde die Schule auch von Mitgliedern der „High Society“ Innsbrucks besucht, etwa 1907 von der Baronin Spiegelfeld, Ehefrau des Innsbrucker Statthalters Markus von Spiegelfeld. Sie „nahm Kostproben vor, besichtigte alle Räume und sprach sich sehr anerkennend über die Einrichtung und Leistungsfähigkeit der Schule aus.“ 1911 gründete Brunner die Vereinigung der arbeitenden Frauen, die sich der Unterstützung von Frauen im Berufsleben widmete. Der Verein veranstaltete Abendkurse in Maschinenschreiben und Stenografie sowie in Fremdsprachen.

Neue Tore öffnen sich

Nachdem das Beitrittsverbot in politische Vereine für Frauen 1909 aufgehoben wurde, stand der Gründung der Österreichischen Frauenpartei 1929 nichts mehr im Weg. Der Partei gelang es allerdings nur einmal, mit einer Frauenliste bei politischen Wahlen zu kandidieren, nämlich bei den Gemeinderatswahlen in Innsbruck 1931. Es handelte sich um einen Zusammenschluss bürgerlicher Frauen, die die „Frauen zu größerer Anteilnahme am politischen Leben“ anregen wollten. Sofern die Partei ein Mandat erhalten würde, wollte man unentgeltlich im Gemeinderat arbeiten. Die in Wien publizierte Parteizeitung „Das Wort der Frau“ verfolgte den Wahlkampf in Innsbruck gespannt. Sie erwähnt unter anderem eine Wahlkampagne, wobei sich die Frauenpartei mit einem Auto und Lautsprechern auf die Maria-Theresien-Straße begeben haben soll, um ihre Forderungen der breiten Masse kundzutun: „Achtung! Achtung! Wählet am 17. Mai nichts anderes als die Liste der Frauenpartei! Wir wollen Fleisch ohne Skandal, Brot ohne Steuer, Wohnungen ohne Wucher! […] Frauen wollen wir, die die Wirtschaft in Ordnung bringen! […]“. Der politische Erfolg blieb jedoch aus, die Innsbrucker Frauenpartei konnte nicht ein Mandat für sich gewinnen.

Stillgelegt

Die meisten der damals aktiven Frauenvereine existieren heute nicht mehr. Bei manchen ist das Auflösungsdatum unbekannt. Viele Organisationen wurden im Jahr 1938 durch das nationalsozialistische Regime aufgelöst. Sozialistische und kommunistische Vereine waren oft nur bis 1933/34 aktiv und wurden anschließend vom autoritären Ständestaat verboten.

Veranstaltung des Frauenvereins in der Messehalle.
Veranstaltung des Frauenvereins in der Messehalle.