
Codename: Luisa
Wenn eine Frau an der Bar nach ihrer Freundin „Luisa“ fragt oder ganz einfach um Hilfe bittet, werden BarkeeperInnen und MitarbeiterInnen in teilnehmenden Innsbrucker Locations besonders aufmerksam. Seit Mai 2019 läuft die Präventionskampagne „Luisa ist hier“ in Innsbruck, die jungen Menschen – vor allem Frauen und Mädchen – direkte, niederschwellige Hilfe bei sexueller Belästigung und sexualisierter Gewalt bieten soll. In „Luisa“-Clubs, Bars oder Restaurants können sich alle Gäste an das gesamte Personal wenden und erhalten unmittelbare Hilfe und Unterstützung. Dieses Gewaltschutzprojekt hat nach einer coronabedingten Ausgehpause nun wieder an Fahrt aufgenommen. Aktuell gibt es im Stadtgebiet 12 Clubs und Eventlocations, 14 Bars und sieben Restaurants, deren Personal speziell geschult ist.
Tabus brechen
Aber wozu ein Code? Genügt es nicht, jemanden einfach so um Hilfe zu bitten oder auf eine beängstigende Situation aufmerksam zu machen? „Das Thema Belästigung ist noch immer mit Tabus behaftet. Betroffenen Frauen fällt es oft schwer, sich in unangenehmen Situationen an jemanden zu wenden und das Problem direkt anzusprechen“, klärt Emma Egger von der Innsbruck Club Commission auf. Der Code „Luisa ist hier“ soll es leichter machen, um Hilfe zu bitten und auf einen unguten Vorfall aufmerksam zu machen. Dennoch können Frauen und Mädchen auch ohne Codewort um Hilfe fragen. Das geschulte Barpersonal erkennt so oder so den Ernst der Lage und hilft diskret, angemessen und lösungsorientiert. Das Projekt „Luisa ist hier“ kommt damit den Lokalen als Art Qualitätsmerkmal zugute und signalisiert den – vor allem weiblichen – Gästen, dass sie sich dort wohler fühlen können, da sie beim Personal in unangenehmen Situationen auf offene Ohren stoßen.
Das Bewusstsein schärfen
Dass diese Vorkehrungen angebracht sind, zeigen die Zahlen: In Österreich ist jede dritte Frau im Laufe ihres Lebens von sexualisierter Gewalt betroffen. Das reicht von sexistischen Äußerungen, ungewollten Berührungen bis zur Fremdverabreichung von Substanzen. Dieses gesellschaftliche Strukturproblem reicht auch ins Nachtleben, deshalb ist es wichtig, Bewusstsein für dieses Thema in der Gesellschaft zu schaffen. „Wir rufen auch ganz bewusst Betroffene dazu auf, ihre Erfahrungen aus dem Nachtleben anonym und vertraulich mit uns zu teilen“, informiert Emma Egger: „So können wir in den Schulungen noch besser auf konkrete Situationen eingehen.“
„Die Clubszene steht leider auch nach der Coronakrise nach wie vor unter großem Druck. Die Stadt Innsbruck erkennt diese Not und versucht die Clubkulturszene bestmöglich zu unterstützen.“ (Stadträtin Uschi Schwarzl)
Aktiv einschreiten
Eine weitere bedenkliche Entwicklung, die bei den Schulungen ebenfalls berücksichtigt wird, ist das Thema K.o.-Tropfen: Partydrogen oder andere sedierend wirkende Substanzen, die unbemerkt in ein Getränk gemischt und von einer anderen Person konsumiert werden. Aus diesem Grund wurde die NO!KO-Kampagne durch die Club Commission ins Leben gerufen. „Wir setzen hier auch auf die Aufmerksamkeit der Mitarbeitenden und der anderen Bargäste. Sobald jemand etwas Verdächtiges bemerkt oder eine Frau sieht, die sich nicht wohlfühlt, bitten wir um Mitteilung an das Barpersonal“, erklärt Emma Egger. Diese so genannten „Active Bystander“ (BeobachterInnen, ZuschauerInnen) können BegleiterInnen oder einfach andere Gäste sein, die die Situation beobachten und aktiv einschreiten. Bei all diesen Maßnahmen geht es auch darum, Täter aktiv und gezielt abzuschrecken.
Partner des Projekts „Luisa ist hier“ sind die Vereine Frauen gegen VerGewaltigung, Frauenhaus Tirol und Z6 Drogenarbeit. Alle Informationen zu den teilnehmenden Lokalen und zu Schulungen der MitarbeiterInnen unter www.luisa-ist-hier.at. AS
Wichtige Kontakte:
Innsbruck Club Commission
info@luisa-ist-hier.at oder
info@clubcommission.cc
Frauenhelpline
0800 222 555 (24 Stunden erreichbar)
Opfer-Notruf
0800 112 112 (werktags von 8-20 Uhr)
Frauen gegen VerGewaltigung
+43 512 574416
Auf das Thema Frauen und Gewalt macht bundesweit das Projekt „Renew4Grow“ aufmerksam. Seit 21. Oktober setzt ein eigens gepflanzter Baum im Waltherpark (St. Nikolaus) ein sichtbares Zeichen für das Aufbäumen von Mädchen und Frauen gegen Gewalt.