
Vorreiter Freiburg
Mit etwa 230.000 Personen ist die Stadt Freiburg die viertgrößte Stadt im deutschen Bundesland Baden-Württemberg. BürgerInnenbeteiligung hat in der Partnerstadt einen großen Stellenwert. Die EinwohnerInnen Freiburgs sind dabei sehr engagiert – ganz besonders im Bau- und Planungsbereich. Dort wurde aus diesem Grund im Jahr 2014 eine eigene Stabsstelle eingerichtet. Deren MitarbeiterInnen beraten die Fachämter, wirken bei zentralen Großprojekten mit und helfen bei der Optimierung der städtischen Öffentlichkeitsbeteiligung. Mit Hilfe einer eigenen Richtlinie mit Arbeitshilfen, Checklisten und Praxistipps werden Beteiligungsprojekte je nach Situation individuell passend gestaltet.
Üblicherweise werden BürgerInnen dafür zufällig ausgewählt. „Das erhöht die Vielfalt in der beteiligten Gruppe und stellt eine gemeinwohlorientierte Diskussion sicher. Wir haben dabei sehr gute Rücklaufquoten auf die Einladungen – teilweise sogar überdurchschnittlich“, betont Freiburgs Oberbürgermeister Martin Horn. „Dabei geht es nicht nur um bauliche Maßnahmen“, ergänzt Wirtschaftsstadträtin Mag.a Christine Oppitz-Plörer: „Es nützt auch der Wirtschaft, wenn Einheimische sowie Besucherinnen und Besucher durch einen attraktiven sowie belebten öffentlichen Raum gehen und dort verweilen, flanieren und einkaufen.“
Mitsprache und Nachverfolgung
Das größte Online-Beteiligungsverfahren in Freiburg ist jenes beim städtischen Budget. An die 5.000 Personen bringen alle zwei Jahre ihre Vorschläge für städtische Zuschüsse ein. Dadurch gelangen oft Themen auf die Haushaltsliste, die ursprünglich nicht im Entwurf vorgesehen waren. Auf der Webseite der Stadt Freiburg kann anschließend nachgesehen werden, welche Vorschläge bereits bearbeitet oder umgesetzt wurden. „In den vergangenen Jahren sind die gesellschaftlichen Anforderungen an Information und Beteiligung gestiegen. Hinzu kommt die verstärkte Komplexität in der Projektarbeit bei engen Zeit- und Finanzbudgets. Hier versuchen wir mit gutem Management, transparenter Kommunikation und passgenauen Methoden die Partizipation zu stärken. Wir möchten dazu beitragen, das demokratische Gemeinwesen mit einer lebendigen Zivilgesellschaft zu erhalten“, führt Oberbürgermeister Horn aus.
"Die Bürgerinnen und Bürger kennen ihre Stadt und deren Stadtteile genau. Sie wissen daher am besten, was es braucht, damit die Aufenthaltsqualität sowohl für alle Generationen als auch für die Betriebe vor Ort optimiert werden kann." (Stadträtin Christine Oppitz-Plörer)
Was die BürgerInnen beschäftigt
Vor allem bei geplanten (baulichen) Maßnahmen, die das Stadtbild verändern und damit auch prägen, ist die Beteiligung besonders hoch. „Etwa die Umgestaltung des zentralen Platzes der Alten Synagoge oder der Beschluss, einen neuen Stadtteil zu bauen, interessierte die Leute besonders“, erinnert sich Horn. Freiburg als so genannte „Green City“ hat auch eine lange umweltbewusste Tradition. Themen, die in den Bereichen „Klima- und Umweltschutz“ sowie „Wohnungsbau“ angesiedelt sind, sind daher besonders präsent, erzeugen teils auch Zielkonflikte und beschäftigen die BürgerInnen entsprechend stark.
Digital und analog
Frisch abgeschlossen ist die Beteiligung einer Dialoggruppe zum neuen Freiburger Stadtteil Dietenbach. Die zufällig ausgewählten BürgerInnen haben sich in diesem Rahmen etwa an der Vorbereitung des Vermarktungskonzepts beteiligt und Quoten für die Anteile von gefördertem Mietwohnungsbau und Eigentum vorgeschlagen. Darüber hinaus erarbeitete die Gruppe ein Leitbild für die Grundstücksvergabe. „Obwohl der Zeitraum des Projekts mit über eineinhalb Jahren durch aus lang und das Thema komplex war, hat die Gruppe äußerst engagiert zusammengearbeitet“, betont Horn. Ihre Ergebnisse werden Ende dieses Jahres an den Freiburger Gemeinderat übergeben.
Ein weiteres Vorzeigeprojekt mit groß angelegter Beteiligung mittels digitaler und analoger Elemente wurde zur Erarbeitung der städtischen Digitalstrategie organisiert. Das von Beginn an auf Partizipation ausgerichtete Konzept nimmt damit Stadtgesellschaft, Wissenschaft, Wirtschaft und Verwaltung mit auf den Weg der digitalen Transformation Freiburgs. „Nur wer Bürgerinnen und Bürger miteinbezieht, kann zukunftsorientierte Politik betreiben. Freiburg nimmt hier sicher eine Vorreiterrolle ein, vor allem, wenn es um niederschwellige Beteiligungsangebote geht, mit denen so viele Menschen wie möglich einbezogen werden können“, schließt Stadträtin Oppitz-Plörer. AD
