
Ein Massenmörder aus Tirol
von Horst Schreiber
„Er tötete, weil er töten wollte.“

Flucht nach Argentinien
Wieder zurück in Innsbruck mit falschen Papieren ausgestattet, geriet Schwammberger Ende Juli 1945 in eine Ausweiskontrolle und wurde enttarnt. Die Exekutivkräfte stellten in seinem Umfeld acht Stoffsäcke mit Münzen, Gold und Schmuck sicher, teils mit eingravierten Namen und Initialen der Opfer. Schwammberger stellte alle Vorwürfe in Frage: „Ich bestreite entschieden, daß es jemals zu Massenmördereien in der von den Zeugen geschilderten Art gekommen ist. Ich kann mir das nur aus dem Haß der Juden gegen mich als Angehörigen der SS erklären und daraus, daß die Juden anderen Gesetzen hinsichtlich Wahrheitspflicht gegenüber Nichtjuden unterstehen.“
Er gab zu, 35 Juden getötet zu haben – aber nur auf ausdrücklichem Befehl seiner Vorgesetzten –, und zwar so, „daß die zu erschießenden Gefangenen mit dem Gesicht an die Mauer gestellt wurden, und rückwärts durch Kopfschuß erschossen wurden.“ Im Jänner 1948 gelang ihm mit Unterstützung des Internationalen Roten Kreuzes und des Päpstlichen Hilfswerks für Gefangenen- und Flüchtlingsfürsorge die Flucht nach Argentinien. Dort lebte er mit seiner Familie, bis er 1990 nach Deutschland ausgeliefert wurde.
Haft auf der Festung Hohenasperg
Im Mai 1992 verurteilte das Landgericht in Stuttgart Schwammberger wegen des Mordes an 25 Männern und Frauen sowie wegen der Beihilfe des Mordes an 641 Menschen zu lebenslanger Freiheitsstrafe. Vor und nach dem Prozess gab es Solidaritätsbekundungen vor dem Gerichtsgebäude. „Schluß mit den Justizmorden an wehrlosen NS-Greisen!“, war auf einem Plakat zu lesen. Josef Schwammberger starb am 3. Dezember 2004 im Vollzugskrankenhaus der Festung Hohenasperg in Baden-Württemberg im Alter von 92 Jahren. Eine Pflegekraft berichtete, dass er in seinen letzten Stunden mehrfach laut nach seinem Führer gerufen habe.
Horst Schreiber: „Liebesverbrechen“,
Zwangsarbeit und Massenmord
NS-Täter und Opfer in Tirol, Polen und der Sowjetunion
Studien zu Geschichte und Politik,
Band 29
26,90 Euro
ISBN 978-3-7065-6285-0
208 Seiten, gebunden
