
Die Apotheke „Zur Mariahilf“ - „Malfatti-Apotheke“
von Christian Lechner
Erst im Frühjahr des Folgejahres wurde diesem Ansuchen stattgegeben und mit 1. September 1877 konnte Veith die Apotheke „Zur Mariahilf“ in der Innstraße 5 eröffnen. Wenige Jahre später fand sich in den Innsbrucker Nachrichten die Mitteilung, dass Veith und seine Frau Emma (geb. Albinger) eine Tochter Ida bekommen hatten. An der Universität war Veith in den 1890ern zudem als Gastprüfer für Pharmakognosie tätig, es erweckte entsprechend alles den Anschein einer produktiven und erfolgreichen Tätigkeit. Dennoch musste Veith, eventuell altersbedingt, 1897 nach mehr als zwanzig Jahren Tätigkeit in Innsbruck die Apotheke verkaufen und verstarb nur wenige Jahre später am 18. August 1903 in Brixen.

Familie Malfatti übernimmt den Betrieb
Mit 4. Dezember 1897 übernahm jedenfalls Josef Malfatti (1863–1946), Magister der Pharmazie, die Apotheke „Zur Mariahilf“. Dieser war zuvor am Pharmakologischen Institut als Assistent angestellt gewesen, zudem auch als „k. und k. Lieutenant in der Reserve des Tiroler Kaiserjäger-Regimentes“ und als Bezirksvorsteher für Mariahilf tätig. Am 10. April 1893 heiratete Malfatti die Gräfin Therese von Sarnthein (1867–1946). Ein Jahr nach dem Erwerb der Apotheke kam Sohn Otto (29.08.1898–12.01.1966) zur Welt. Während des Ersten Weltkrieges war dieser als „Einjährig-Freiwilliger“ im Fronteinsatz. Nach dem Krieg konnte Otto sein Pharmaziestudium abschließen und in die väterliche Apotheke eintreten. Wahrscheinlich wurde auch in diesen Jahren die neue Apothekeneinrichtung in Auftrag gegeben, welche in ihrer schlichten Schönheit noch bis vor wenigen Jahren ebendort zu bestaunen war.
Otto Malfatti verbrachte in den 1930er-Jahren einige Zeit mit der Verwaltung des Guts eines Bekannten in Rumänien und lernte dort die in Bukarest geborene Claudine von Cantacuzino (10.12.1914–13.07.2001) kennen, eine Angehörige des rumänischen Hochadels. Im Frühjahr 1938 heirateten die beiden. Im Zweiten Weltkrieg wurde Otto im Polenfeldzug und an der Westfront eingesetzt, bevor er „unabkömmlich“ gestellt wurde und wieder nach Innsbruck zurückkehren durfte. Die Gestapo hat ihn wohl kurz vor Kriegsende verhaftet und für vier Monate in der Völser Ziegelei inhaftiert. Genauere Hintergründe zu dieser Episode fehlen bislang. Claudine und Otto haben drei Söhne: Scherban Mihai (22.01.1939–16.03.2008), Benjamin Nino (geb. 10.10.1940) und Otto Radu (geb. 16.12.1943).
Wechselnde Besitzer
Nach dem Tod Ottos 1966 wurde die Apotheke als „Witwenbetrieb“ fortgeführt und fortan von der Apothekerin und langjährigen Mitarbeiterin Mag. Ilse Dobin geleitet. Claudine selbst folgte einer Tradition ihres rumänischen Adelsgeschlechtes und übernahm einen sozialen Dienst. So begann sie noch im selben Jahr an der Station IV der Medizinischen Klinik in Innsbruck als „Hilfsschwester“ zu arbeiten. Bis 1979 führte Claudine diese Tätigkeit aus. Die Apotheke selbst wurde zehn Jahre später an den ägyptischen Apotheker Sarwat Nabil (geb. 1937) verkauft, welcher an der Universität Wien Pharmazie studiert hatte. Die Familie Malfatti pflege mit dem neuen Eigentümer einen freundschaftliche Bezeihung und an der Einrichtung der Apotheke änderte sich derweil nichts.
Erst als im Jahre 2015 die Apotheke von der Familie Koller, welche bereits unter anderem im Besitz der St. Anna-Apotheke in der Maria-Theresien-Straße war, erworben wurde, begannen die Planungen über eine doch mittlerweile notwendig gewordene Modernisierung der Einrichtung. Noch bis 31. Jänner 2016 wurde der Normalbetrieb fortgesetzt, während bereits in der Mariahilfstraße 1 die neuen Räumlichkeiten mit modernem Mobiliar entstanden. Am 1. Februar 2016 folgte schließlich die Eröffnung am neuen Standort und die Einrichtung der alten Apotheke hatte ausgedient, vorerst zumindest.

Möbel für das Schaudepot
Der medizinhistorische Verein „Freundeskreis Pesthaus“ brachte in Erfahrung, dass die Apothekenmöbel mittlerweile aus der Innstraße 5 entfernt und eingelagert wurden. Zu diesem Zeitpunkt waren wenige Stücke bereits restauriert und hatten im Eingangsbereich des Hotels „Faktorei“ in der Mariahilfstraße eine neue Verwendung und damit Errettung vor dem Vergessen gefunden. Der größte Teil der Einrichtung jedoch verblieb ungesehen in einem Keller und wurde erfreulicherweise dem Verein überlassen. Hierbei hat sich vor allem ao. Univ.-Prof. Dr. Edwin Knapp sehr verdient gemacht. Als ehemaliger geschäftsführender Oberarzt der Medizinischen Klinik hatte dieser während seiner Assistentenzeit tatsächlich auch die Witwe Malfatti kennengelernt. Als nächstes wurden die Möbelstücke sorgfältig restauriert und konserviert und fanden schließlich ihren Weg ins Schaudepot des Vereins an der Landespflegeklinik in Hall. Dank des Wohlwollens der tirol kliniken und der Vermittlung Prof. Knapps fand die Offizin der Malfatti-Apotheke damit eine neue Verwendung zum einen als museales Objekt und zum anderen auch als Ausstellungsfläche für pharmaziehistorische Objekte.

Ein weiteres Detail dieser wechselvollen Geschichte hängt mit den originalen Emailleschildern zusammen, die auf den Schubladen angebracht waren. Diese wurden nämlich über das Auktionshaus Dorotheum in Wien an einen Berliner Sammler verkauft. Das „Pesthaus“ hat nach einigem Verhandeln diese schließlich zurückkaufen und die Emailleschilder damit wieder an ihren ursprünglichen Platz zurückbringen können.
Seit seiner Gründung 1999 bemüht sich der in Innsbruck ansässige medizinhistorische Verein „Freundeskreis Pesthaus“ um die Erforschung der regionalen Medizin- und Gesundheitsgeschichte sowie um die Bewahrung medizin- und pharmaziehistorischer Objekte durch Integrierung in die mittlerweile etwa 10.000 Einzelstücke umfassende Vereinssammlung, „Saluteum“ genannt. Das langfristige Ziel ist die Schaffung eines medizinhistorischen Schaudepots oder Museums im Raum Innsbruck.