
„Korridor – Innsbrucker Preis für Dokumentarfotografie“
Der erstmals ausgelobte Foto-Award der Stadt Innsbruck und der Tiroler Straßenzeitung 20er geht an die Fotografin Alisa Martynova für ihre Serie „Nowhere Near“. Die Künstlerin gewinnt den „Korridor – Innsbrucker Preis für Dokumentarfotografie 2022“, der beim „Fest der Vielfalt“ am 25. Juni vergeben wurde.
„Ich freue mich sehr, dass wir im Rahmen des beliebten und gut besuchten ‚Festes der Vielfalt‘ zum ersten Mal diesen Preis in Zusammenarbeit mit dem 20er vergeben konnten“, hält Stadträtin Mag.a Elisabeth Mayr fest: „Mit ihrer starken Bildsprache erzählt Alisa Martynova die Geschichte von geflüchteten Menschen und den schwierigen Ausnahmesituationen, die sie durchgestanden haben. Durch ihre Bilder begegnen wir ihnen als Persönlichkeiten.“
„Es ehrt uns sehr, dass international renommierte Fotografinnen und Fotografen bei unserem jungen Preis ihre teils über Jahre produzierten und hochkarätigen Arbeiten eingereicht haben“, sagt Rebecca Sandbichler, Chefredakteurin der Tiroler Straßenzeitung 20er. „Als Journalistin, die sich seit Jahren mit einer Flut von Bildern und Geschichten zur Flucht-Thematik befasst, freut es mich besonders, dass die nun prämierten Arbeiten uns einmal mehr neue Blickwinkel zeigen – und uns so hoffentlich weiter berühren und für die individuellen Geschichten der betroffenen Menschen interessieren.“
Über die Serie „Nowhere Near“
Die Künstlerin hat Geflüchtete afrikanischer Abstammung in Italien begleitet und porträtiert, hauptsächlich in der Toskana. Im Dialog mit den Jugendlichen, Frauen und Männern über ihre individuellen Geschichten, ihre (Alp-)Träume und Visionen entwickelte Martynova das Konzept ihrer außergewöhnlichen Serie. Sie verbindet darin eine markante Farbensprache aus Rot und kosmischem Blau, von Migration berührte Landschaften und Bezüge zu Hochgeschwindigkeits-Sternen, die kollidierenden Galaxien entkommen. „Diese verstreuten Sterne […] sind wie die Migranten und Migrantinnen, die ich in Italien getroffen habe. Sie kamen aus Nigeria, Gambia und der Elfenbeinküste, quer durch Europa, auf der Suche nach dem El Dorado“, erklärt die Fotografin.
Begründung der Jury
„Der visuelle Diskurs zum Thema Migration wird aktuell von einigen wenigen Darstellungsformen dominiert. Alisa Martynovas reflektierter Umgang mit dem Bilddiskurs zum Thema der Migration hat eine Arbeit entstehen lassen, die das kollektive Narrativ herausfordert“, begründet der Tiroler Dokumentarfotograf Elias Holzknecht als Mitglied der Fachjury seine Entscheidung. Karen Fromm, Professorin für Dokumentarfotografie an der Hochschule Hannover, fiel dies ebenfalls positiv auf: „Alisa Martynova gelingt es dieses Dazwischen in atmosphärisch dichten Porträts einzufangen, die sich weit von der medial oftmals präsenten, stereotypen Betroffenheitsrhetorik entfernen, indem sie gerade die Individualität der Porträtierten herausarbeiten.“ Und die afghanische Fotokünstlerin Fatimah Hossaini, die auf der Flucht im Sommer 2021 selbst erfahren hat, wie schnell Menschen auf leidvolle Klischees reduziert werden, ergänzt: „Alisa Martynova ist es gelungen, das Licht der Menschen zu zeigen, das mochte ich besonders an diesem Projekt.“
Über die Künstlerin
Die Fotografin Alisa Martynova wurde 1994 im russischen Orenburg geboren. Nach ihrem Studium der Philologie im Heimatland, machte sie 2019 einen dreijährigen Abschluss in Fotografie an der Fondazione Studio Marangoni in Florenz und assistierte dem Fotograf*innen-Kollektiv Riverboom. Sie lebt und arbeitet in Italien. Martynovas Arbeiten wurden bereits mehrfach ausgezeichnet, unter anderem in der Porträt-Kategorie des World Press Photo Awards, sowie international ausgestellt, beispielsweise beim renommierten La Gacilly Fotofestival 2022.
Ausschreibung und Auswahlprozess
Mit ihrer über mehrere Jahre produzierten Serie setzte sich Martynova in einem Feld von fast 200 exzellenten Arbeiten international renommierter Fotograf*innen durch. Der „Korridor – Innsbrucker Preis für Dokumentarfotografie“ wurde gemeinsam von der Stadt Innsbruck und der Tiroler Straßenzeitung über die professionelle Foto-Wettbewerbsplattform Picter ausgelobt und hatte eine klare thematische Vorgabe: Eingereicht werden konnten Arbeiten, die zumindest teilweise seit 2019 entstanden waren und die Lebensrealität von geflüchteten Menschen innerhalb oder an den Außengrenzen der EU dokumentierten. In einem mehrstufigen Prozess innerhalb der Plattform Picter und bei einer persönlichen Begutachtung im Rathaus Innsbruck im Mai verengte die Fach-Jury die Auswahl schließlich auf eine Shortlist von insgesamt fünf Arbeiten.
Ausstellung und Shortlist
Da die unterschiedlichen Perspektiven und Geschichten sowie die hohe Qualität der weiteren vier Serien in der Shortlist den Facettenreichtum der Flucht-Thematik beweisen, befand die Fach-Jury, dass eine gemeinsame Ausstellung aller fünf Serien attraktiv wäre. Eine solche große gemeinsame Ausstellung planen die Stadt Innsbruck und die Tiroler Straßenzeitung nun für Ende September in Innsbruck. Die Arbeiten der Shortlist in Kürze: „Blackout“, fotografiert vom Iraner Hossein Fardinfard, befasst sich mit den Hinterbliebenen des Krieges in Abchasien im Jahr 1992. „The Night I arrived in France“, fotografiert vom französisch-eritreischen Fotografen Sinawi Medine, zeichnet den Weg Geflüchteter in den französischen Alpen nach. Der deutsche Dokumentarfotograf Malte Uchtmann fotografierte in „Ankommen“ Geflüchtetenunterkünfte und erzählt so von der deutschen Willkommenskultur rein über die Architektur und Infrastruktur. Und schließlich wurde noch das Kollektiv „ReFocus Medialabs“ auf die Shortlist gesetzt, bestehend aus Geflüchteten auf der griechischen Insel Lesbos. Sie dokumentierten unter anderem den großen Brand im Lager Moria im September 2020. Die Ermächtigung der Betroffenen, ihre Geschichte selbst zu erzählen, erschien der Jury unabhängig von einer stringenten visuellen Strategie als besonders wertvoll.
Weitere Informationen und Bildmaterial:
Rebecca Sandbichler, Chefredakteurin 20er – Die Tiroler Straßenzeitung
Tel.: +43 512 561152
Mobil +43 650 8807141
rebecca.sandbichler@20er.at
Mag.a Nicola Köfler (Amt für Stadtplanung, Stadtentwicklung und Integration)
Tel.: +43 512 5360 5176
E-Mail: nicola.koefler@magibk.at