
Klimafit in die Waldzukunft
(IKM) Von den rund 10.500 Hektar des Innsbrucker Stadtgebietes sind etwa 40 Prozent Wald, die vom städtischen Amt für Wald und Natur betreut werden. Eine Aufgabe, bei der vielfältige Aufgabenbereiche abzudecken sind. Im Rahmen einer Pressekonferenz gaben der ressortverantwortliche Vizebürgermeister Ing. Mag. Johannes Anzengruber, BSc, der Amtsvorstand für Wald und Natur, DI Andreas Wildauer sowie der Referatsleiter für Wald und Almen, Florian Jäger, einen Einblick in die vielseitigen Tätigkeiten, die im Jahr 2022 umgesetzt wurden.
Ein Kernbereich ist dabei die Pflege des Schutzwaldes. Mehr als zwei Drittel der Waldfläche in Innsbruck erfüllen laut neu genehmigtem Waldentwicklungsplan Schutzfunktion im besonders öffentlichen Interesse. Die Aufrechterhaltung einer nachhaltigen Waldwirtschaft und vor allem die Schutzwaldpflege erfordern fachliche Betreuung durch Aufforstungen, Pflege und entsprechende Verjüngungsmaßnahmen in den Altbeständen. Dies wird in Kooperation zwischen dem Amt für Wald und Natur und den ca. 2.000 KleinwaldbesitzerInnen in Innsbruck garantiert. Rund 4.000 Arbeitsstunden investierten die städtischen Forstarbeiter in die klimafitte Aufforstung und den Schutz vor Naturgefahren im gesamten Vorjahr.
„Der Wald als wichtiger Lebensraum für Mensch und Tier muss sich in Zukunft an die klimatischen Veränderungen anpassen, wie höhere Temperaturen, mehr Feuchtigkeit im Winter, trockenere Sommer, dadurch mehr Schädlingsbefall aber auch vermehrt extreme Witterungsereignisse wie etwa zwei Sturmereignisse im letzten Jahr. Die Schutzwaldbestände an der Nordkette sind sehr alt und verlieren zunehmend ihre Stabilität und Vitalität. Die Verjüngung dieser Wälder und die Aufforstung mit tiefwurzelnden Laub- und Nadelbäumen ist eine dringende Notwendigkeit und langfristige Investition in den Naturraum und dem natürlichen Schutzschild der Stadt Innsbruck. Auch Initiativen zur Bewusstseinsbildung rund um das Thema Wald stehen im Mittelpunkt des ganzjährigen Leistungsangebotes. Im Zeitraum von 2019 bis 2022 wurden in Zusammenarbeit mit Waldbesitzenden und im Zuge von Aufforstungs-Projekten knapp 74.000 Bäume aufgeforstet. Im Vorjahr wurden rund 11.650 klimafitte Bäume, davon 3.700 Laub- und 7.950 Nadelbäume gesetzt, um die Schutzwaldfunktion und die Waldgesundheit zu bewahren“, betont Vizebürgermeister Johannes Anzengruber.
Dreibeinböcke schützen Jungpflanzen
Damit die Verjüngung des Waldes gesichert und der aufgeforstete Jungbestand vor den Schneemassen geschützt wird, wurden zum Beispiel im Vorjahr 85 sogenannte Gleitschneeböcke ins Waldgebiet Gehrries, welches sich zwischen Höttinger Alm und Bodensteinalm befindet, gebracht. „Die Errichtung von Dreibeinböcken ist eine wirkungsvolle Maßnahme, um Schneebewegungen einzubremsen, welche die Jungpflanzen zerdrücken und teilweise sogar ausreißen können. Das Aufstellen der Böcke über den Pflanzen ist eine Pflegemaßnahme, die das gesunde Wachstum der Bäume gewährleistet. Es ist der Stadt Innsbruck ein wichtiges Anliegen, sich frühzeitig um jene Pflanzen zu kümmern, die später den wichtigen Schutzwald bilden, der wiederum den Siedlungsraum vor Lawinen und Muren sichert. Die Sicherung und Pflege der steilen Schutzwaldbestände ist eine laufende Aufgabe und Herausforderung für Waldbesitzerinnen und Waldbesitzer und Forstleuten. Umgeben von alten Bäumen dauert es mindestens 30 Jahre, bis die Jungpflanzen den Schneehöhen von bis zu vier Metern gewachsen sind“, erklärt Amtsvorstand Andreas Wildauer.
Referent Florian Jäger ergänzt: „Der Wald soll auch für die nachfolgenden Generationen seine vielschichtigen Aufgaben als Klimaschützer, Lebensraum, Arbeitsplatz, Erholungs- und Freizeitort sowie als Wasserspeicher, Wärmespender und Luftkühler erfüllen. Um diese unterschiedlichen Funktionen trotz Klimaerwärmung sicherzustellen, wird vermehrt auf eine Durchmischung des Waldes gesetzt. Mittels Waldanalysekarte können wir exakt feststellen, welche Baumart wo am besten wächst. So können wir gezielt klimafitte Waldflächen aufforsten, die auch noch in 100 Jahren gesund und widerstandsfähig sind.“

Jugend forstet auf
Einmal im Leben einen Baum pflanzen: Diese Möglichkeit bekamen im April 2022 SchülerInnen und Studierende im Rahmen des Projektes „Stadtwald Taubental“. Auf einer Fläche von rund 4.000 Quadratmetern Wald setzten sie gemeinsam mit dem Amt für Wald und Natur etwa 1.200 Bäume, vorrangig Tannen, Buchen, Lärchen, Kiefern und Eichen. Das Ziel des Projektes war es, der Jugend den Wald und seine Funktionen näher zu bringen und sie entsprechend für den Naturraum zu sensibilisieren. Bereits zum elften Mal fand in Zusammenarbeit von Stadt, Landesforstdienst Tirol und Tiroler Forstverein das Bergwaldprojekt „Höttinger Alm“ des Österreichischen Alpenvereins statt. Freiwillige führten gemeinsam Aufforstungs-, Pflege- und Schutzarbeiten auf der Nordkette durch. Im Laufe der Projektwoche wurden unter Anleitung der städtischen Waldaufseher rund 250 Jungbäume gepflanzt.
Sanierungsmaßnahmen
Damit Innsbruck künftig vor Lawinenabgängen geschützt ist, wird außerdem stetig in die Lawinenverbauung investiert. In Innsbruck befinden sich aufgrund der topografischen Lage mehrere Lawineneinzugsgebiete, die den Siedlungsraum bedrohen. Im Jahr 2022 wurden auf der Nordkette entsprechende Sanierungsmaßnahmen im Bereich der sogenannten „Rastlbodenlawine“ getroffen. Konkret wurden teilweise zerstörte Holzstützwerke saniert oder bei Bedarf ersetzt. Mit Frühjahr 2023 wird etwa die Sanierung des Lawinenauffangdamms Allerheiligen vorgenommen. Dadurch sollen die Standsicherheit und Schutzfunktionalität der mehr als 30 Jahre alten Lawinenverbauung im Westen der Stadt erhöht werden. Dass die Landeshauptstadt vor Lawinen sicher ist, dafür sorgen kompetente Fachkräfte der Wildbach- und Lawinenverbauung (WLV).
Eschentriebsterben und Waldkalamität
Vor den Folgen des Klimawandels ist auch die Esche nicht gefeit. Die Laubbaumart ist vom sogenannten Eschentriebsterben betroffen. Dies ist ein europaweites Problem, das seit Jahren unaufhaltsam die Bäume stark schädigt bzw. zum Absterben führt. Herabfallende Äste und Kronenteile sowie vereinzelt auch ganze umfallende Bäume stellen eine große Gefahr sowohl für FreizeitsportlerInnen und Naherholungssuchende als auch den Verkehr dar. Seit Jahren ist das Amt für Wald und Natur daher bemüht, kranke Eschen an Wald- und Wegerändern zu entfernen. An mehreren Standorten am Fuße der Nordkette wurden die Gefahrenbäume entfernt.
Großflächige Schäden wie Windwürfe und Schneebruch werden durch den Klimawandel immer häufiger auftreten. Diese abiotischen Schadereignisse begünstigen zusätzlich die Ausbreitung von Schädlingen wie dem Borkenkäfer. Windwürfe und die Massenerkrankungen von Waldbeständen durch den Borkenkäfer sorgen für ein anhaltendes Schadholzaufkommen. Bei einer in der Forstwirtschaft sogenannten „Kalamität“ ist daher oft schnelles Handeln erforderlich. So wurden in Kranebitten oberhalb der Mittenwaldbahn aufgrund von zwei Sturmereignissen an die 1.000 Festmeter Schadholz aufgearbeitet. Wichtig ist, dass das Schadholz rechtzeitig aus dem Wald entfernt und brutuntauglich gemacht wird, um einer weiteren Massenvermehrung des Borkenkäfers entgegenzuwirken.

Städtische Almen
Die Stadt Innsbruck besitzt insgesamt sechs Almen: die Arzler, Höttinger, Umbrüggler und die Bodensteinalm im Gebiet der Nordkette, die Froneben Alm im Stubaital in Fulpmes sowie die Möslalm im Gleirschtal inmitten des Naturparks Karwendel. Für einen modernen Almbetrieb wird auch die Infrastruktur auf den städtischen Almen ausgebaut, beispielsweise die Generalsanierung der Höttinger Alm oder Umbauarbeiten bei der Möslalm im Bereich der Käseproduktion und den Sanitäranlagen. Zur langfristigen Sicherung der almwirtschaftlichen Gebäudebestände wurde vom Innsbrucker Stadtsenat der „Masterplan Almen“ beschlossen. Darin werden von der Innsbrucker Immobiliengesellschaft (IIG) notwendige bauliche Sanierungs- und Verbesserungsmaßnahmen aufgezeigt, die vor allem die gewerblich genützten Gebäude betreffen, aber auch Nebengebäude wie Ställe oder Kapellen miteinbeziehen. Gemeinsam mit dem städtischen Amt für Wald und Natur werden die zwingend notwendigen Sanierungen und Umbauten priorisiert.
„Ein harmonisches Miteinander sowie gegenseitiger Respekt sind das Um und Auf im Naturraum. Dafür sorgt bei der Stadt Innsbruck auch ein Naturraum-Ranger, der als direkter Ansprechpartner und Vermittler zwischen den unterschiedlichen Interessensgruppen fungiert, um dadurch mehr Bewusstsein für rücksichtsvolles Verhalten im Wald zu schaffen“, verdeutlicht Anzengruber abschließend. (MF)