Gasthof Grüner Baum um 1920. Hier ereignete sich die Entgleisung der Tramlinie 1.
Gasthof Grüner Baum um 1920. Hier ereignete sich die Entgleisung der Tramlinie 1.

Innsbruck vor 100 Jahren

Aus dem Stadtarchiv von Sophie Wechselberger

3. Dezember
Brand in der Mariahilfer Volksschule. Am 2. Dezember brach gegen halb 9 Uhr vormittags in der Volksschule in Mariahilf ein Zimmerbrand aus, der nicht unbedeutenden Sachschaden anrichtete. In einem zur Ablagerung von Papierabfällen bestimmten Raume des 2. Stockwerkes entstand, wahrscheinlich durch Unvorsichtigkeit, ein Brand, der durch das rasche Eingreifen der städtischen Berufsfeuerwehr und Mitgliedern der Freiwilligen Feuerwehr aber noch gelöscht werden konnte, ehe sich das Feuer auf die Schulräume verbreiten konnte, in denen Unterricht gehalten wurde. Das Schulhaus wurde von den Schülern in Ordnung geräumt. Nach der Beseitigung jeder Gefahr durch die Feuerwehr kehrte die Schüler wieder in die Schulräume zurück.

4. Dezember
Der Nikolausmarkt. Heute früh um 6 Uhr, als es in Strömen vom Himmel regnete, gab es in der Maria-Theresien-Straße schon ein lebhaftes Treiben. Die Jahrmarktsfahrer und die Innsbrucker Kaufleute und „Obstler“ stellten um diese frühe Morgenstunde schon ihre Buden für den Nikolausmarkt auf, der heute seinen Anfang nimmt. Es ist gerade kein schönes Marktwetter. Aber wer zurückdenkt an den Innsbrucker Nikolausmarkt vor dem Kriege, der weiß, dass kein Wetterteufel die Freuden dieses Marktes einzudämmen
vermag. Und wenn die Alten in den letzten Jahren vielleicht etwas griesgrämiger
geworden sind – die Jugend wird heute genau so sein wie vor zehn und zwanzig
Jahren und wie damals wird sie am ganzen Marktrummel ausschlaggebend sein und
ihn auch heuer wieder zu dem machen, was er auch uns einstens alljährlich war:
der erste Vorbote und Gruß der nahenden Weihnachten und ihrer Freuden. Und kein
Regen und kein Straßenschmutz wird dieser Freude Eintrag machen können.

Nikolausmarkt in der Maria-Theresien-Straße
Nikolausmarkt in der Maria-Theresien-Straße

11. Dezember
Ein falsches Amtsorgan. Am 9. Dezember gegen 5 Uhr früh hat in drei Innsbrucker Gasthöfen in der Altstadt ein 28–30jähriger Mann bei den dort wohnhaften Damen die Fremdenkontrolle vorgenommen, wobei er sich als Polizeiorgan ausgab und sich in einem Falle sogar fälschlich als Kriminalbeamter legitimierte. Außer kleineren Liebeswerbungen hat er nichts unternommen, da er, soweit bekannt, überall abgewiesen wurde. Vor diesem Manne wird gewarnt.

13. Dezember
Trambahnentgleisung. Am Freitag vormittags gegen halb 10 Uhr entgleiste beim Wechsel an der Ecke Museumstraße-Viaduktstraße beim „Grünen Baum“ ein Motorwagen der Linie 1 der Lokalbahn Innsbruck-Hall i. T. Die Ursache war, wie man hört, die Verlegung des Geleises durch einen Stein oder eine schadhafte Stelle des Wechsels. Der Motorwagen sprang aus dem Geleise, wodurch die Fahrgäste tüchtig durcheinandergerüttelt wurden; von der hinteren Plattform stürzte ein Fahrgast des Wagens durch die Erschütterung auf die Straße, erlitt aber glücklicherweise keine Verletzungen.

16. Dezember
Eine seltene Himmelserscheinung wurde heute gegen halb 7 Uhr in Innsbruck beobachtet. Passanten der Andreas-Hofer-Straße sahen einen leuchtenden Stern, der
von Süden nach Norden in der Richtung gegen den Hechenberg flog und einen grüngelb schimmernden Schweif trug. Ob es sich um ein Meteor, um eine besondere Art von Sternschnuppe oder um einen Kometen handelt, müssen wohl erst wissenschaftliche Beobachtungen erweisen.

17. Dezember
Ein Irrsinniger, der den Dr. Grüner „herunterschießen“ will. Ein Reisender, der schon früher in einer Irrenanstalt untergebracht war, äußerte sich am Montag um ungefähr 10 Uhr abends in einem Caféhaus in der Maria-Theresienstraße, er werde mit seiner Kanone, die er beim „Grauen Bären“ holen werden, den Dr. Grüner, der mit zwölf Engeln auf der Annasäule sitzt, herunterschießen. […] Einem Schutzmann zählte er die zwölf Engel auf der Annasäule auf.

Der Hechenberg von der Kranebitter Allee aus gesehen, um 1935.
Der Hechenberg von der Kranebitter Allee aus gesehen, um 1935.

22. Dezember
Enttäuschte Handwerksburschen. Am Samstag wurden in Innsbruck drei 20jährige Burschen aufgegriffen, die seit 10. Oktober zu Fuß von Neapel hierher gewandert sind. Die Burschen – drei Egerländer – waren ganz zerlumpt und herabgekommen. Sie waren im Sommer nach Italien gewandert und hofften dort Arbeit zu finden, was ihnen aber nicht gelungen ist.

23. Dezember
Ruhrkinder-Heimbeförderung. Aus der vom Großdeutschen Frauenverbande für
Tirol durchgeführten Ruhrkinderhilfe befinden sich noch einige Pflegekinder in Tirol und im Pinzgau. Diese Kinder werden anfangs Jänner 1925 heimbefördert. Die Pflegeeltern werden daher ersucht, bis längstens 27. Dezember d. J. ihre Pflegekinder für diesen Transport in der Geschäftsstelle des Großdeutschen Frauenverbandes in Innsbruck, Museumstraße 22, 1. Stock, schriftlich oder mündlich anzumelden. Ohne rechtzeitige Anmeldung können die Kinder mit diesem Transport nicht heimbefördert werden.

30. Dezember
Die Schillingwährung im Innsbrucker Rathaus. Amtlich wird mitgeteilt: Ab 1. Jänner 1925 wird in allen städtischen Ämtern und Abteilungen im gesamten Verrechnungs- und Kassagebarungsdienst die Schillingwährung eingeführt; es werden in Hinkunft alle Rechnungen und Zahlungsaufträge auf Schillinge lauten.