Damenschuhe, nach 1666.
Damenschuhe, nach 1666.

Extravagante Damenmode vom 16. bis 18. Jahrhundert

Königin Máxima der Niederlande fällt durch ihre bunten Kleider und verrückten Hüte auf. Laetizia von Spanien bevorzugt spanische Top-Designer. Klatsch aus der Regenbogenpresse, werden Sie denken.

von Dr. Thomas Kuster

Aber haben Sie sich schon einmal gefragt, ob frühere KönigInnen auch so viel Aufsehen um ihre Kleidung gemacht haben? Ja, das haben sie und damit sind wir auch  schon mitten drin in der heurigen Ambraser Sonderausstellung. Im Fokus stehen Meisterwerke der Habsburger Porträtgalerie, die zusammen mit Exponaten nationaler sowie internationaler LeihgeberInnen einen Blick in den fürstlichen Kleiderschrank gewähren. Die Redewendung „Kleider machen Leute“ ist hierbei Programm. Gewänder der Vergangenheit waren einem Regelwerk unterworfen. Besondere Kleider, Stoffe und Farben waren nur FürstInnen und ihrem Gefolge vorbehalten.  Warum das so war? Es galt sich abzugrenzen, die wirtschaftliche Potenz und die Position aufzuzeigen. Natürlich putzten sich die Herrscher ebenso heraus, dennoch 
war es die Frauenkleidung, die mehr faszinierte. Schillernde Stoffe waren unerschwinglich und absolute Statussymbole.

 

Lucas Cranach d. J., Anna von Dänemark, Kurfürstin von Sachsen, nach 1565.
Lucas Cranach d. J., Anna von Dänemark, Kurfürstin von Sachsen, nach 1565.

Ein kurzer Streifzug
War man bis 1500 mit regionalen Moden vertraut, so dominierte ab der Mitte des 16. Jahrhunderts Spanien nicht nur politisch, sondern auch in Kleiderfragen. Das oberste Gebot dabei „bloß keine Haut zeigen“, brachte es mit sich, dass der Körper unter schweren Stoffen verschwand. Die Schnitte der Damenkleider zeigten die charakteristische A-förmige, in die Vertikale gestreckte Silhouette und unterstrichen damit optisch die hohe Position der Trägerin. Dass damit an Bewegung nicht viele Meter zu machen waren, ist selbsterklärend, und entsprach dem distanzierenden und gezierten Spanischen Hofzeremoniell. Dass Königin-Sein dabei ein  durchaus atemraubendes Geschäft war, lässt sich an der durch Schnürleibchen und Mieder flach gedrückten Brust erkennen. Vom spanischen Modediktat unbeeindruckt, waren Frankreich und Oberitalien freizügiger.  Trotz kirchlicher Schnappatmung war es chic, das Dekolleté zu instrumentalisieren. Die modebewusste Principessa unterstrich ihren Rang mit exquisiter Weißstickerei und kostbaren Spitzen.
Als „Fashionista“ galt bereits zu ihren Lebzeiten Elisabeth I. von England. Warum sie bei ihrem Ableben kolportierte 2000 Kleidungsstücke hinterlassen hatte? Üppige Roben, verschwenderischer Schmuck und die charakteristische rotblonde Perücke hoben Elisabeth nicht nur als Frau über alle Damen des Hofes, die Mode wurde zum Machtwerkzeug und Mittel fürstlicher Repräsentation. Nicht anders hält es heute ihre Namensvetterin, Queen Elizabeth II., die mit Hüten und knalligen Kleiderfarben gesehen werden will und zur Rechtfertigung ihrer Position auch werden muss. Nach 1600 wandelte sich die Erscheinungsform. Gebauschte Röcke verlagerten die vertikale zur horizontalen Silhouette, sorgten für ein imposantes Erscheinungsbild und hielten die Umgebung auf noble Distanz. Das nun betonte Becken symbolisierte Fruchtbarkeit, war es doch die erste Pflicht jeder Fürstin, für Nachkommen zu sorgen.

 

Agraffe mit der Darstellung der Isis, Ende 17. Jahrhundert.
Agraffe mit der Darstellung der Isis, Ende 17. Jahrhundert.

Der Schuh im Vordergrund
Ein bislang nicht sichtbares Kleidungsstück gewann ebenfalls an Bedeutung: der Schuh. Trug Frau ursprünglich flache Schuhe, etablierte sich etwa in Spanien zunächst der Plateauschuh, der damit im wahrsten Sinne des Wortes den „hohen“ Stand zum Ausdruck brachte. Seit dem 17. und 18. Jahrhundert dominierten zierliche Modelle, die mit Stickereien aufgepeppt und mit einem kleinen Stöckel versehen waren. Fragen nach Tragekomfort oder Verschleiß waren nebensächlich, denn welche königliche Trägerin ging schon viel zu Fuß?

Die „nebensächlichen“ Dinge
Auch Accessoires, wie feine Lederhandschuhe – vorzugsweise aus Spanien  der Innsbruck – mit Stickereien versehene Taschentücher, oder mit exotischen Federn besetzte Fächer, unterstrichen die Zugehörigkeit zur Upper Class. Den  würdevollen Auftritt rundete auch ein flaches Hütchen ab: das Barett. Um die strahlende Erscheinung zu multiplizieren, plünderte man die Schmuckschatulle, trug edelsteinbesetzte Hüftgürtel, Knöpfe und Broschen.
Nach 1660 setzte Frankreichs  Sonnenkönig neue Modeimpulse. Es wurde theatralisch, verspielt, mit Schleifen, Rüschen und – nach der „Spanischen Schwärze“ – endlich bunt. Frankreich  dominierte Europas Mode weiterhin im 18. Jahrhundert. Als Ikone etablierte sich die aus Österreich stammende Königin Marie Antoinette. Immer breiter, immer  höher, immer extravaganter aber auch unköniglich schlicht, wurde nachgeahmt. Trotz berechtigter Kritik am übertriebenen Luxus war Marie Antoinettes Leidenschaft ein Wirtschaftsmotor und ungewollt richtungsweisend für die Haute-Couture der klassischen Modehäuser Chanel, Dior, Valentino und die  kreativen Köpfe der heutigen Modeszene.

Ausstellungs-Tipp

Mode schauen. Fürstliche Garderobe vom 16. bis 18. Jahrhundert
Sonderausstellung Schloss Ambras,
bis 3. Oktober 2021,
täglich 10.00–17.00 Uhr,
November geschlossen