
Gabriel Pitcher erhält Street Art-Stipendium 2024
Der Brite Gabriel Pitcher ist der neue Preisträger des Street Art-Stipendiums in Höhe von 6.000 Euro, das alle zwei Jahre vergeben wird. Heuer bildete das Gebäude in der Schlachthofgasse 1 den nötigen Hintergrund für seine Kunst. Darin befinden sich seit rund einem Jahr unter anderem das städtische Amt für Sicherheit und Veranstaltungen sowie ein Kindergarten. Gemeinsam mit Innsbrucker Jugendlichen hat der Künstler aus Südengland außerdem am 9. September einen Workshop veranstaltet. Auch dieses Ergebnis kann sich sehen lassen. Näheres zum Künstler unter www.gabrielpitcher.com
„Es ist großartig zu sehen, wie viel Aufmerksamkeit das neue Förderstipendium in der Kreativszene auf sich gezogen hat. Mit diesem Projekt tragen wir dazu bei, Innsbruck noch vielfältiger und künstlerischer zu gestalten. Wir gratulieren dem Preisträger Gabriel Pitcher herzlich zur erfolgreichen Umsetzung seines Projekts ‚Bubble Cape Hero‘ und sind begeistert von den kreativen Impulsen, die es in die Stadt gebracht hat“, unterstreicht der Kulturreferent und Vizebürgermeister Georg Willi.
Juryentscheidung
Das Juryverfahren erfolgte in zwei Stufen. In Stufe 1 wählte eine dreiköpfige Jury, bestehend aus KünstlerInnen, VertreterInnen der Bereiche Kunstkritik, städtischer Verwaltung und Architektur aus insgesamt 33 Einreichungen fünf KünstlerInnen aus. Diese fertigten sodann eine Skizze für die ausgewählte Wand an. In Stufe 2 kürte die Jury das Siegerprojekt aus den eingereichten Skizzen.
In ihrer Entscheidung betont die Jury wie folgt: „Der Entwurf des britischen Künstlers Gabriel Pitcher ist technisch sehr elaboriert und besticht nicht nur durch seine Farbgebung. Pitcher bezieht die gesamte Wandfläche mit ein und schafft durch die Komposition einen Naturraum in einem stark versiegelten Areal als Ausdruck der Sehnsucht nach dem Grünen.“
Straßenkunst belebt die Stadt
Die Stadt Innsbruck fördert Street Art mit dem „Street Art-Stipendium“, das alle zwei Jahre zum Zweck der Förderung der urbanen Kunst im öffentlichen Raum vergeben wird, mit dem Ziel, urbane Kunst im öffentlichen Raum zu fördern und sichtbar zu machen. 2022 erhielten Julia Heinisch und Frederic Sontag – alias „Video.Sckre“ – den Preis und setzten ein Mural an der Nordfassade der Mittelschule Ilse-Brüll-Gasse in Wilten um.
Wo darf gesprüht und gemalt werden?
Das von Gabriel Pitcher gestaltete Mural wird wie über 700 weitere kleinen und großen Kunstwerke im gesamten Stadtgebiet auf der Street Art-City Map online unter www.innsbruck.gv.at/streetartmap verzeichnet. KünstlerInnen haben an bestimmten Orten, wie beispielsweise bei der nordseitigen Mauer beim Freibad Tivoli, die Möglichkeit ihrer Kreativität freien Lauf zu lassen. Für andere Flächen, wie beispielsweise bei der Unterführung der Universitätsbrücke, benötigt man eine Genehmigung. Weitere Informationen unter www.innsbruck.gv.at/streetart AS/MF
Kontakt
Referat Kulturentwicklung und Förderung
Markus Margreiter
Tel.: +43 512 5360 8342
E-Mail: post.kulturamt@innsbruck.gv.at

Die Begründung der Jury
"Der Entwurf des britischen Künstlers Gabriel Pitcher ist technisch sehr elaboriert und besticht nicht nur durch seine Farbgebung. Pitcher bezieht die gesamte Wandfläche mit ein und schafft durch die Komposition einen Naturraum in einem stark versiegelten Areal als Ausdruck der Sehnsucht nach dem Grünen. Die eher robuste stadträumliche Umgebung erfährt durch die Gesamtkomposition, die Farbwahl und das Motiv eine Aufwertung.
Die zentrale Darstellung des Kindes symbolisiert Verletzlichkeit und den Bedarf nach Schutz gleichermaßen. Das Kind hat sich in eine Luftpolsterrüstung gewickelt, die auf den zweiten Blick aber nur unzureichende Protektion gewährt. Gleichzeitig trägt das Kind selbst durch das Zerdrücken der Luftpolster dazu bei, die Schutzfunktion zu beinträchtigen. Dazu passt auch das vermeintlich achtlos ins Gras geworfene Schwert im unteren Teil des Bildes.
Die Art der Kopfbedeckung stellt geschlechterspezifische Zuschreibungen in Frage, gleichzeitig identifiziert die Farbwahl der Kleidung ein männliches Kind und bedient dadurch auch eine klassisch männliche Darstellung.
Die Darstellung des Naturraums mit Palme und auch die Kunststofffolie der „Rüstung“ erlauben Konnotationen zu den Themen „Klimaschutz“ und „Klimawandel“. Die Komposition erzeugt eine Tiefenwirkung und zieht die BetrachterInnen förmlich in das Bild hinein."
Projektbeschreibung "Bubble Cape Hero"
Selbstverloren unterbricht das Kind sein Spiel in seiner selbstgebastelten Rüstung. Im Moment der Darstellung fesseln die Luftblasen, die sich so herrlich mit leisem Knallen zerdrücken lassen, seine gesamte Aufmerksamkeit.
Die Unmittelbarkeit, mit der die BetrachterInnen in diese nahezu filmische Szene eintauchen können, fasziniert insbesondere, weil gleichzeitig eine bildreflexive Ebene angesprochen wird, die auch eine kritische Distanz zum Motiv zulässt.
Farbige Streifen und Flecken verweisen auf technologische oder apparative Bildstörungen und damit auf die digitale Herkunft dieser in Malerei übertragenen Aufnahme. Steht das Kind in einer exotischen Landschaft oder vor einer Kulisse? Kommt es aus dem benachbarten Kindergarten Seifenblase? Womit spielt es? Ist die Luftpolsterfolie Schutz oder Überrest globaler Warentransporte? Das Mural zeigt nicht nur das Bild einer glücklichen Kindheit in unberührter Natur, so wie es in unzähligen Werbeclips Verwendung finden könnte, sondern es zeigt sich als Konstruktion aus Versatzstücken verschiedener Sehnsuchtsmotive, die sich dadurch gegen ihre allgegenwärtige Verfügbarkeit sperren.
Die Versunkenheit des Kindes in das Spiel mit dem Material der Folie und die Faszination für die haptische und visuelle Stimulation durch das Zerdrücken der Noppenfolie ist wohl eine Erinnerung die im menschlichen Kollektiv gut verankert ist. Wir alle teilen diesen wertebefreiten und vor allem spielerischen Zugang in unserem kindlichen Gedächtnis. Es ist ein Zugang zur Welt, der im Laufe des Erwachsenwerdens wohl oft verloren geht, aber von KünstlerInnen kultiviert wird, um daraus zu schöpfen.