
Ein Stück Urwald für die Stadt
Innsbruck bekommt ein Stück ursprünglicher Natur zurück. Seit Kurzem ist die Landeshauptstadt Teil des vom Tiroler Forstverein (TFV) ins Leben gerufenen, landesweiten Netzwerks sogenannter Naturwaldzellen. Das sind Wälder und Waldgebiete, die aufgrund ihrer Artenvielfalt besonders schützenswert sind und deshalb der forstlichen Nutzung entzogen werden. Ziel ist die Erhaltung und Wiederherstellung ursprünglicher Ökosysteme, in denen sich Tiere und Pflanzen ungestört entwickeln können.
„Innsbruck ist von Wald umgeben und schon deshalb liegt uns die Entwicklung natürlicher Waldgebiete am Herzen. Der Tiroler Forstverein arbeitet seit vielen Jahren daran und ist für uns daher ein idealer Partner. So erhalten wir mehr Biodiversität und einen kostbaren Genpool für selten gewordene Baumarten. Das wertet die grüne Lunge Innsbrucks insgesamt auf“, erläutert der zuständige Vizebürgermeister Ing. Mag. Johannes Anzengruber, BSc.
Wald pur
Die Stadt hat daher Ausschau nach geeigneten Waldstücken gehalten. Zwei Parzellen in der Sillschlucht und in Mühlau wurden wegen ihrer ökologischen Besonderheit ins Auge gefasst. Bei beiden handelt es sich um schützenswerte Reste von Naturwäldern. Ende März wurde im Stadtsenat der Beschluss gefasst, diese als Naturwaldzellen auszuweisen. „Die Stadt verzichtet in Zukunft auf die forstwirtschaftliche Nutzung dieser Gebiete. Auch absterbendes oder totes Holz wird in der Regel liegen gelassen. Um die Ruhe und natürliche Entwicklung nicht zu stören, ist mit Ausnahme der ausgeschilderten Wege auch keine Betretung erlaubt“, klärt DI Andreas Wildauer, Leiter des Amtes für Wald und Natur, auf. Die Zusammenarbeit mit dem TFV wurde vertraglich fixiert und gilt zeitlich unbefristet.

Linden und Hopfenbuche
Die größere der zwei Naturwaldzellen liegt in der Sillschlucht unterhalb von Vill und weist eine Fläche von 5,9 Hektar auf. Sie besteht aus submontanen Laubmischwäldern, in denen überwiegend Winter- und Sommerlinden, Bergahorn, Bergulmen, Eschen und zum Teil auch Fichten wachsen. Rund 80 verschiedene Arten zeugen von einem besonderen Reichtum – Forstexperten sprechen von einem Juwel. In der Nähe des Karmeliterklosters befindet sich die zweite, rund 4,9 Hektar große Waldzelle: die „Mühlauer Hopfenbuchen“, die derzeit noch einen hohen Nadelholzanteil aufweist. Die Hopfenbuche (Ostrya carpinifolia) ist ein Baum der Südalpen und des Mittelmeergebietes und in Tirol selten zu finden. An diesem Standort wird sie aber bereits seit dem 19. Jahrhundert dokumentiert.
Tirolweites Netzwerk
Mit der sogenannten Helsinki-Resolution 1993 und dem Bergwaldprotokoll der Alpenkonvention hat sich Österreich zum Schutz der Wälder verpflichtet. Der TFV hat deshalb schon vor 30 Jahren begonnen, ein tirolweites Netzwerk an Naturwaldzellen aufzubauen. Mittlerweile gibt es 12 Naturwälder in allen Landesteilen mit einer Gesamtfläche von 150 Hektar. Diese dienen auch der besseren Erforschung des ursprünglichen Ökosystems Wald. „Ich bedanke mich bei der Stadt Innsbruck für die aktive Unterstützung. Von den Bürgerinnen und Bürgern erhoffen wir uns, dass sie den Schutzstatus der neuen Naturwaldzellen beachten,“ appelliert TFV-Präsident DI Kurt Ziegner. Entsprechende Hinweistafeln an den vielgenutzten Wegen sind geplant.
Nähere Infos zum Netzwerk Tiroler Naturwaldzellen: www.tiroler-forstverein.at
(WG)