Die Universitätsbibliothek gegen Nordosten
Die Universitätsbibliothek gegen Nordosten

Innsbruck vor 100 Jahren

Aus dem Stadtarchiv von Martin Glotz

3. Mai
Das Straßenlaufen „Quer durch Innsbruck“ wird am Sonntag den 25. Mai ausgetragen. Es wird heuer gleichzeitig als Einzel- und Mannschaftslaufen (Dreiermannschaften) durchgeführt und für einzelne Gruppen stehen Ehrenpreise in Aussicht. Die Ausschreibung erfolgt in den nächsten Tagen.

5. Mai
Völkerbundkredite für Tirol? Wie der „A. T. A." erfährt, soll der Landeshauptmann in den letzten Tagen den Bundeskanzler ersucht haben, mit dem Generalkommissär in Fühlung zu treten, damit aus den unverbrauchten Teilen des Völkerbundkredites vier bis fünf Milliarden Kronen dem Lande Tirol zum Vollausbau seiner landwirtschaftlichen Betriebe zur Verfügung gestellt werden. Eine solche Zuwendung wäre wohl sehr wünschenswert, doch ob sie ausgerechnet den landwirtschaftlichen Betrieben, die ohnehin das Landesbudget mit vielen Milliarden belasten, zugute kommen sollte, ist eine andere Sache. Wenn schon von auswärts für Tirol Geld flüssig werden könnte, dann gäbe es im Lande genug andere Investitionsmöglichkeiten. In erster Linie wäre aber wohl der Abgang im Landeshaushalt zu decken, damit die Steuerlast vom Volke genommen werde. Im übrigen ist es müßig, über eine Verwendung von etwaigen Krediten für Tirol
viel zu debattieren, da Dr. Zimmermann bekanntlich auf dem Standpunkte steht, daß sich die Länder durch zweckmäßige Sparmaßnahmen selbst helfen sollen. Und im Landhause gäbe es manches zu sparen.

6. Mai
Bierpreiserhöhung. Wie der Nordtiroler Brauereiverband in einer Kundmachung im heutigen Anzeigeteile unseres Blattes verlautbart, werden die Bierpreise im Einvernehmen mit der Gastwirtegenossenschaft ab 7. Mai erhöht. Die neuen Preise sind im Inserat ersichtlich.

9. Mai
Zur Niederlegung der Überstunden an den Mittelschulen wird uns aus Elternkreisen geschrieben: „Der Ausfall der vielen Unterrichtsstunden an den Mittelschulen ist sehr zu beklagen, da infolgedessen nicht der ganze Lehrstoff behandelt, beziehungsweise nicht hinlänglich eingeübt werden kann. Trotzdem kann man den Anstalten nicht Unrecht geben, wenn sie dem Vorenthalte der berechtigten Ansprüche ihrer Kollegiumsmitglieder in dieser derzeit einzig wirksam erscheinenden Weise entgegenzutreten suchen. Wem die Arbeit nicht vereinbarungsgemäß entlohnt wird, der legt sie eben nieder. Es ist eine Eigentümlichkeit der gegenwärtigen Regierungsweise, daß sie anstatt den Schwachen gegen die Uebergriffe des Stärkeren zu schützen, selbst in ihren Ersparungsmaßregeln auf den greift, der in seinen Abwehrmitteln am schwächsten oder nach seiner Denkungsart am bescheidensten und opferwilligsten erscheint, und daher weder vor der Verletzung von Staatsgrundgesetzen noch verbriefter Rechte zurückschreckt. So werden die Bösen belohnt und die Guten bestraft. Da ist es natürlich, daß mitunter auch die Guten „Böses“ zu tun sich gezwungen sehen.

Inserat in den Innsbrucker Nachrichten vom 6. Mai 1924
Inserat in den Innsbrucker Nachrichten vom 6. Mai 1924

14. Mai
Demonstrationsversammlung der Wohnungssuchenden. Am Sonntag, den 18. Mai, um 10 Uhr vormittags, findet im großen Stadtsaal eine große Demonstrationsversammlung der Obdachlosen und Wohnungssuchenden gegen die Wohnungspolitik statt. Unter anderen Rednern wird auch der Obmann des Wiener Wohnungsliga sprechen.

15. Mai
Die Uebersiedlung der Innsbrucker Universitätsbibliothek. Im kommenden Juni wird die Innsbrucker Universitätsbibliothek ihr neues Gebäude am Innrain neben der neuen Universität beziehen. Die hiesige Universitätsbibliothek ist die älteste unter den österreichischen, wurde 1735 aus Beständen des Ambraser Schlosses, des Hofes und der Regierung unter Anton Roschmann zu gründen bewilligt, 1746 mit mehr als 12.000 Bänden als öffentliche Staatsbibliothek eröffnet und bezog 1786 das jetzige Gebäude in der Universitätsstraße mit einem Bestand von 40.000 Bänden, das sie nun mit siebenfachem Besitz verläßt. Dieses Gebäude war ursprünglich als neuer Gymnasialbau zwischen 1603 und 1606 aufgeführt und 1722 infolge eines Erdbebens umgebaut worden. Nach Aufhebung des Jesuitenordens wurde darin die Universitätsbiblkiothek untergebracht. Noch heute sind in den bisherigen Büchermagazinen des zweiten Stockwerkes die Kongregations- und Theatersäle mit ihren reichstukkierten Flachdecken erhalten. In diesen Räumlichkeiten wird sich im Herbst die theologische Fakultät ausdehnen, die bisher in den engen Sälen des Erdgeschosses untergebracht war. Der ganze Hauptflügel wird restauriert werden, so daß auch äußerlich dieser Teil unserer Universität dem Neubau angeglichen erscheint.

 

Eine Gruppe von Radfahrern auf der Innbrücke, aufgenommen im Jahr 1921
Eine Gruppe von Radfahrern auf der Innbrücke, aufgenommen im Jahr 1921

21. Mai
Weibliche Eitelkeit hat die Hausgehilfin Elise R. veranlaßt, ihre Geburtsdaten in allen Personaldokumenten zu fälschen. Nur fing sie die Sache sehr dumm an; nicht nur, daß sie bei jedem Schein zur Aenderung der Daten andere Tinte verwendete, sondern sie machte sich auch immer jünger: am Taufschein um zwei Jahre, am Heimatschein um drei Jahre und im Dienstbuch gleich um fünf Jahre. Der Richter verurteilte die sonst unbescholtene Angeklagte nicht zu der gesetzlich vorgeschriebenen Arreststrafe, sondern nur zu einer Geldstrafe in der Höhe von 20.000 K. Die gefälschten Personaldokumente wurden beschlagnahmt.

24. Mai
Avis für Radfahrer. Vom städtischen Polizeiamt wird verlautbart: In der letzten Zeit sind mehrere Zusammenstöße von Radfahrern mit Autos oder Fuhrwerken vorgekommen, weil die Radfahrer nicht die richtige Fahrtrichtung einhalten, wodurch sie sich nicht nur selbst in Gefahr begeben, sondern häufig auch Passanten leicht zu Schaden kommen können. Die Radfahrer werden aufgefordert, die Vorschriften genauestens einzuhalten.