Innsbruck vor 100 Jahren - Jänner 1926
2. Jänner
Die Jahreswende in Innsbruck. Der Beginn des neuen Jahres ist in Innsbruck vollständig ruhig verlaufen. Während in der Neujahrsnacht 1925 gleich zwei Totschläge und zahlreiche Raufereien zu verzeichnen waren, ist die heurige Neujahrsnacht so ruhig verlaufen, daß die Zahl der Betrunkenen kaum den Wochendurchschnitt erreichte. Das Frühlingswetter der Weihnachtsfeiertage hielt auch den Neujahrstag über an; es herrschte warmer Wind, der fleißig Straßen und Gassen trocknete.
5. Jänner
Rauferei in einer Bar. Der Militärgagistenverband ersucht um die Feststellung, daß es sich bei der kürzlich gemeldeten Rauferei in einer Bar in Innsbruck nicht um einen aktiven Major, sondern um einen Reserveoberleutnant gehandelt hat.
7. Jänner
Herrenloser Autoreifen. Am Sonntag um 8 Uhr abends wurde in der Schidlachstraße ein Autoreifen gefunden, dessen Besitzer unbekannt ist. Der Reifen ist bei der Polizei deponiert.
11. Jänner
Großen Unwillen erregte gestern das Motorrad E I-676, das nachmittags zum Rechenhof hinaufratterte, also zu einer Zeit, wo massenhaft Ausflügler sich am Wege befanden. Es ist nicht bekannt, daß der Autoverkehr auf diesem den Spaziergängern gewidmeten Wege gestattet ist und es stellt das schon eine starke Rücksichtslosigkeit dar, die bestraft werden soll.
15. Jänner
Ein betrunkener Student. Am Donnerstag um 5 Uhr früh randalierte ein Medizinstudent aus Bozen in der Maria-Theresien-Straße. Trotz mehrmaliger Abmahnung durch einen Schutzmann hörte er nicht auf zu randalieren. Der Schutzmann brachte ihn deshalb auf das Hauptwachzimmer. Beim Transport über die Stiege klammerte er sich fest an das Stiegengeländer und weigerte sich, ins Wachzimmer zu gehen. Trotz mehrmaligen Zureden war er vom Geländer nicht wegzubringen, weshalb ihm ein Schutzmann mit einem Gummiknüttel zwei Schläge auf den Handrücken versetzte. Er ließ dann los und konnte ins Wachzimmer transportiert werden. […]
19. Jänner
Der Malerstreik in Innsbruck geht nun schon in die vierte Woche und es ist noch kein Ende abzusehen.
21. Jänner
Eine neue elektrische Schneekehrmaschine. Gestern wurden von der Lokalbahn Innsbruck-Hall Probefahrten mit einer neuen elektrischen Schneekehrmaschine unternommen. Sie ist selbstfahrend – zum Unterschiede der früheren Schneekehrmaschine, die von einem Motorwagen gezogen wurde – und ist für die Linie innerhalb des Stadtgebietes bestimmt, weil sie nur für 500 Volt eingerichtet ist. Sie besteht aus einem zweiachsigen Wagengestell, deren Achsen durch zwei Motoren angetrieben werden. An jedem Ende des Wagengestells befindet sich ein besonderer Motor zum Antrieb der schräggestellten Walzenbürsten, die vom Führerstand aus gehoben und gelenkt werden können. In der Mitte des Wagens befindet sich der von allen Seiten geschlossene Führerstand, von dem aus sowohl die Fahrmotore als auch die Kehrmotore betätigt werden.
23. Jänner
Moderne Raumkunst. Der elegante Tanzsaal des Cafés Schindler hat einen neuen Schmuck durch eine Glasdecke erhalten. Die Ausstattung des Raumes, ein Werk des Architekten Riesner-Wien, ist im Louis-XVI-Stil gehalten, weshalb sich natürlich auch die Decke diesen Stil anzupassen hatte. Es galt, in der Zeichnung, besonders aber in der Farbe den richtigen Ton anzuschlagen, der sowohl zu den Einrichtungen und Stoffbespannungen harmonierte als auch eine diskrete, vornehme Wirkung für den Raum sicherte. Solche Aufgaben sind manchmal schwieriger als sie scheinen, wenn man vor der fertigen Arbeit steht. Die Kassettendecke wurde auf Braunrot und gelb gestimmt, sie wirkt ebenso bei Tages- wie bei künstlichem Licht, es scheint dem Besucher selbstverständlich, daß sie gerade so sein muß wie sie ist, was vielleicht ein Zeichen dafür sein mag, daß die Aufgabe in bester Weise gelöst wurde. Der Entwurf stammt von Maler Gottlieb Schuller, die Ausführung von der Tiroler Glasmalerei- und MosaikAnstalt in Innsbruck.
27. Jänner
Verdächtiger Fund. Am 23. d. fand eine Gastwirtin am Innrain im Abort eine Handtasche mit durchschnittenem Henkel. Die Tasche dürfte jedenfalls von einem Taschendieb dort weggeworfen worden sein. Sie ist eine schwarze Lederhandtasche mit Messingverschluß, mit rötlich braunem Tuche gefüttert, beiderseits innen sind aus gleichem Stoffe angenähte kleine Taschen. Die Tasche dürfte einer Frau aus dem Bauernstande entwendet worden sein.
30. Jänner
Von den städtischen Volksbädern. Die Badekarten für die Volksbäder in der Jahn- und Schulstraße werden von nun an nicht mehr in den Geschäften, sondern in den Bädern selbst ausgegeben. Bis auf weiteres ist das Bad in der Schulstraße auch an Sonntagen vormittags geöffnet; dafür bleibt es jeden Mittwoch geschlossen. Das Bad in der Jahnstraße ist von nun an bis auf weiteres täglich mit Ausnahme an Sonntagen geöffnet.

