
Innsbruck vor 100 Jahren - Juni 1922
2. Juni
Von der Hungerburg. Der Eintritt des Frühjahrswetters nach den wochenlangen Regenperioden hat auch neues Leben auf den Hungerburgboden gebracht. Die Häuser sind jetzt wieder alle bewohnt, die Gasthöfe mit Fremden besetzt und auf den schönen Wegen des Innsbrucker Verschönerungsvereines sieht man während des ganzen Tages zahlreiche Spaziergänger. Der ‚Seehof‘ ist neu und sauber hergerichtet worden und steht jetzt unter einer tüchtigen Leitung. Für Verpflegung ist in dem gut geführten Gasthaus auf das beste gesorgt und der Aufenthalt im Freien, mitten im Walde und an dem kleinen See ist namentlich an den Nachmittagen, wenn dort ein kleines Orchester spielt, besonders angenehm.
14. Juni
Der Lokalbahnstreik ist beendet. Der Streik auf den Innsbrucker Lokalbahnen ist gestern nach langen Verhandlungen, wobei einerseits die Forderungen der Angestellten nach 75prozentiger Erhöhung der Löhne angenommen wurden und andererseits die Angestellten ihrer Klage gegen die Lokalbahngesellschaft zurückzuziehen sich bereit erklärten, beendet worden. Seit heute Früh ist der Betrieb auf allen Linien wieder im Gange.
19. Juni
Der Sonnwendsonntag stand heuer im Zeichen des schlechten Wetters. Vom frühen Morgen bis in die Nacht hingen schwere Nebel bis ins Tal, schon in den Vormittagsstunden setzte ein Landregen ein, der den ganzen Tag über andauerte und sich gegen Abend noch verstärkte. Daß diese Ungunst des Wetters die üblichen Sonnwendhöhenfeuer von vorneherein unmöglich machte, war wohl allen Talbewohnern klar, umso freudiger überrascht war man als nach Einbruch der Dunkelheit vom Achselkopf ein Feuer aufflammte und den schweren Nebelschleier wenigstens auf kurze Zeit durchglühte […] Unter der Nebelgrenze im Höttingergebiet leuchteten die üblichen bengalischen Feuer auf und vermochten eine Zeitlang das trostlose Wetter zu besiegen. Daß die wackeren Jungmannschaften unserer Turn- und Sportvereine selbst unter so schwierigen Umständen den alten schönen Brauch der Sonnwendhöhenfeuer so gut es ging, aufrechterhalten haben, verdient besondere Anerkennung.
24. Juni
In der Trunkenheit bestohlen. Zwei junge Leute aus Innsbruck hatten in der Nacht zum 22. Juni ihr Lager in der englischen Anlage aufgeschlagen, weil sie infolge Alkoholgenusses nicht mehr in der Lage waren, das Bett aufzusuchen. Diese Gelegenheit benützten zwei Kumpane, deren Namen den Geschädigten bekannt sind, um die zwei Besinnungslosen ihrer Brieftaschen zu berauben, außerdem nahmen sie ihnen Uhren und andere Wertsachen, sogar das Taschenmesser weg. Der eine hatte ungefähr 14 000 K, der andere etwa 9000 K in der Tasche.
30. Juni
Gaspreiserhöhung. Die Direktion teilt mit: die sprunghaft gestiegenen deutschen Kohlengrubenpreise, Fracht und Valuten ohne Einrechnung der letztwöchentlichen abnormen Steigerungen, erzwingen leider eine neuerliche Gaspreiserhöhung; angesichts der bisherigen Zurückhaltung des Innsbrucker Gaswerkes in der Preisbestimmung, muß die diesmalige Steigerung eine recht wesentliche werden, auf 150 Kronen per Kubikmeter Koch- und Heizgas. Wien hat heute 220 Kronen und die übrigen größeren Städte Österreichs sogar noch höhere Gaspreise. Hoffentlich sind diese nur vorübergehend notwendig; ergibt sich eine Möglichkeit, diese hohen Gaspreise wieder abzubauen, so wird das Innsbrucker Gaswerk aus eigenem Interesse nicht säumen, dies durchzuführen.
Ein Monumentalwerk und seine wechselvolle Geschichte
Isabelle Brandauer
Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs, Neue Folge Band 73
208 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-7030-6572-9, Innsbruck 2022
Die Tiroler Ehrenbücher nahmen ihren Ursprung in der Frühphase des Ersten Weltkriegs. Nach einem Besuch der Gedenkstätte am Tummelplatz bei Amras setzte sich der damalige Direktor des Tiroler Landesarchivs, Karl Böhm, das Ziel, alle Tiroler Gefallenen in einem Sammelwerk zu erfassen. Es war zu diesem Zeitpunkt jedoch nicht absehbar, dass sich das Projekt über 13 Jahre lang bis zu seiner Fertigstellung hinziehen sollte. Letztendlich fanden über 23 000 verstorbene Tiroler Eingang in das Tiroler Ehrenbuch des Ersten Weltkrieges. Nach Ende des Zweiten Weltkrieges führte Böhm das Vorhaben in ähnlicher Weise fort und auch die Gefallenen der Kriege von 1796–1814 wurden systematisch erfasst. Ergänzend kam noch eine Aufstellung aller Kriegerdenkmäler Tirols hinzu. Die Entstehungsgeschichte der Ehrenbücher ist geprägt von den Wirren und tausenden Toten der beiden Weltkriege, einem handfesten Urheberrechtsstreit, berührenden Einzelschicksalen und dem unermüdlichen Engagement ihres Schöpfers Karl Böhm.
Andreas Hofer und die Innsbrucker Stadtpolitik im Jahr 1809
Matthias Egger/Andreas Oberhofer
Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs, Neue Folge Band 74
208 Seiten, gebunden, ISBN 978-3-7030-6572-9, Innsbruck 2022
Über das Verhältnis zwischen Andreas Hofers „Regierung“ und dem Innsbrucker Stadtmagistrat im Jahr 1809 standen bislang nur Aufzeichnungen von mehr oder weniger gut informierten Zeitgenossen zur Verfügung. Ein bemerkenswerter Quellenfund ermöglicht es nun erstmals, das Verhältnis des Oberkommandanten zum Innsbrucker Rathaus anhand von amtlichen Schreiben zu beleuchten. Die Korrespondenzen, stellenweise in recht harschem Ton gehalten, bereichern nicht nur die Innsbrucker Stadtgeschichte um neue Facetten, sondern auch das Bild des Sandwirts, dem mitunter der Kragen platzen konnte, wie der Buchtitel zeigt.
Im Mittelpunkt steht dabei die Edition der entdeckten Korrespondenzen, die sämtlich auch als Faksimile abgebildet sind Einführungen in die Ereignis- und die Kommunikationsgeschichte von Hofers „Bauernregiment“ im Spätsommer und Herbst 1809 runden den Band ab.
Das Buch zum sensationellen Quellenfund:
• Mit Faksimiles der erst kürzlich entdeckten Briefe
• Alles zum Verhältnis zwischen Hofer und der Innsbrucker Stadtregierung
• Mit einer Ereignis- und Kommunikationsgeschichte des Jahres 1809
• Eine wichtige Ergänzung zur Innsbrucker Stadtgeschichte