Das Schneetreiben von 1922 mag ebenso ausgesehen haben wie dieses hier, das im darauffolgenden Jahrzehnt in der Maria-Theresia-Straße aufgenommen wurde.
Das Schneetreiben von 1922 mag ebenso ausgesehen haben wie dieses hier, das im darauffolgenden Jahrzehnt in der Maria-Theresia-Straße aufgenommen wurde.

Innsbruck vor 100 Jahren

von Hendrik Stanway

2. Dezember

Eine seltene Familientradition. Frl. Else Gasteiger wurde heute an der Innsbrucker Universität zum Doktor der Staatswissenschaften promoviert; ihr Urgroßvater Dr. Anton v. Gasteiger, ein Mitkämpfer Andreas Hofers, ihr Großvater Dr. Gustav v. Gasteiger und ihr Vater Oberst d. R. Dr. Paul v. Gasteiger erhielten ebenfalls an der Innsbrucker juridischen Fakultät das Doktordiplom.

9. Dezember

Vom Vereinswesen in Innsbruck. Unsere Leser werden sich wahrscheinlich beim Durchlesen der langen Spalte mit den Vereinsnachrichten schon oft gefragt haben: „Wieviel Vereine gibt es eigentlich in Innsbruck?“ Wird [sic!] sind heute in der Lage, diese Frage ganz genau zu beantworten. Es gibt in Innsbruck nicht weniger als 887 Vereine verschiedenster Art; hiezu kommen noch 193 genossenschaftliche und gewerkschaftliche Vereinigungen. Wir haben diese Zahlen der bei der Statthalterei seit dem Jahre 1867 geführten statistischen Uebersicht entnommen. […] Als ältester Verein erscheint in den Registern der Statthalterei der Musikverein eingetragen, denn seine Gründung wurde zum erstenmale im Jahre 1819 bestätigt.

9. Dezember

Schneefälle und Verkehrsstörungen. Dichtes Schneegestöber in Innsbruck. In der Innsbrucker Talebene erfüllte dichtes ununterbrochenes Schneegestöber den gestrigen Maria Empfängnistag. Der seit der Nacht vom Donnerstag auf den Freitag mit wenigen Unterbrechungen bald in größeren, bald in nadelfeinen Flocken niederrieselnde Schnee, den gestern meist ein scharfer Wind durcheinander wirbelte, hüllte die Stadt in ein winterliches Landschaftsbild, wie man es in dieser frühen Jahreszeit – der Winter hat kalendermäßig noch nicht begonnen – sehr selten beobachtet hat. Die Straßen und Gehsteige sind tief verschneit, Hausdächer, Bäume und Sträucher, Denkmäler und Säulen tragen hohe Schneepolster und die Telephondrähte werden durch dicke Schneeschnüre niedergedrückt.

14. Dezember

Das Patscherkofelschutzhaus der Sektion Innsbruck des österreichischen Touristenklubs ist heuer wieder den ganzen Winter über geöffnet. Die Wirtschaft liegt in Händen des Hüttenpächters Cyprian Stern. Der Zugang über die Patscheralpe ist bei jeder Witterung lawinensicher und gefahrlos. Die Abfahrt nach Patsch als auch die anderen Routen nach Heiligwasser (mit Ausnahme über die Lanseralpe) sind bei den jetzigen außerordentlich günstigen Schneeverhältnissen mühelos und sicher. Die Sektion erhofft sich einen zahlreichen Besuch der Skifahrer, da die Herrichtung für den Winterbetrieb außerordentlich hohe Kosten verursachte, die nur allein im Interesse der Pflege des Skisports und zur Erleichterung der Winterbesteigung dieses unserer Hauptstadt am nächsten gelegenen Berggipfels übernommen wurden; es stellt somit der heurige Winterbetrieb einen Versuch dar, der bei einem ungünstigen finanziellen Ergebnis ein anderes Jahr nicht mehr wiederholt werden könnte.

Das Patscherkofelschutzhaus mit umliegender Berglandschaft.
Das Patscherkofelschutzhaus mit umliegender Berglandschaft.

21. Dezember

Verbesserung der Milchversorgung in Innsbruck. Einlösung aller Karten mit Frischmilch. Das städt. Milchamt teilt mit, daß insgesamt an die Stadt Innsbruck in der Zeit vom 12. bis einschließlich 18. Dezember 41.698 Liter Vollmilch und 6896 Liter Magermilch, zusammen 41.693 Liter Milch angeliefert wurden. Darunter waren 50 Liter sauer. Auf den Tag entfallen somit durchschnittlich 5956 Liter Vollmilch und 952 Liter Magermilch.

27. Dezember

Frankiert die Briefe und Karten richtig! Die Postdirektion teilt uns mit: Trotz wiederholter Bekanntmachungen werden täglich mehrere Hunderte Briefe und Karten von der Beförderung ausgeschlossen, da sie voll freigemacht sein müssen. Die ermäßigte Frankierung, für Briefe 1200 K und für Karten 720 K, ist nur für Italien, Rumänien, Ungarn und für die Tschechoslowakei gestattet. Nach Jugoslawien und dem übrigen Auslande sind Briefe mit 1500 K und Karten mit 900 K Marken freizumachen.

30. Dezember

Bierpreiserhöhung. Die Gastwirtegenossenschaft Innsbruck teilt uns mit, daß die Tiroler Brauereien infolge neuerlicher enormer Steigerung der staatlichen Biersteuer gezwungen sind, die Bierpreise entsprechend zu erhöhen, was aus der heutigen Kundmachung ersichtlich ist. Hiezu wird bemerkt, daß die erhöhten Preise immer noch um 200 K niedriger sind als jene, die in den meisten anderen Bundesländern bereits seit einigen Monaten bestehen.