Sich regelmäßig austauschen und sich vertrauen, darin liegt das A und O einer guten Zusammenarbeit in einer Universitätsstadt.
Sich regelmäßig austauschen und sich vertrauen, darin liegt das A und O einer guten Zusammenarbeit in einer Universitätsstadt.

Universitätsstadt Innsbruck

Innsbruck informiert bat Bürgermeister Georg Willi zum Thema „Universitätsstadt Innsbruck“ zum Gespräch

Innsbruck beherbergt neben der Universität Innsbruck mit allein schon fast 28.000 Inskribierten und der Medizinischen Universität auch die unternehmerische Hochschule MCI, die Fachhochschule Gesundheit, die Pädagogische Hochschule Tirol und die Kirchliche Pädagogische Hochschule Edith Stein. Jede vierte InnsbruckerIn verfügt über einen Hochschulabschluss – Innsbruck ist Universitätsstadt.

Um 1900 gab es in Innsbruck rund 1.000 Studierende, Mitte der 70er-Jahre des vergangenen Jahrhunderts überschritt ihre Zahl erstmals die 10.000er-Marke, mittlerweile haben sich diese Zahlen mehr als verdreifacht. Eine rasante Entwicklung, aber auch eine große Herausforderung für eine Stadt?
Bürgermeister Willi: Das stimmt, das ist eine Herausforderung, gleichzeitig aber auch ein enormer Standortvorteil. Die Studierenden stellen uns vor so manche Aufgabe, sie halten uns aber nicht nur auf Trab, sondern auch sichtbar jung und zwingen uns, zukunftsgerichtet zu handeln. Sie machen uns zudem internationaler und sie helfen, unsere Stadt am Laufen zu halten.
Die Bedeutung der Hochschulen für die Stadt wird von vielen Innsbruckerinnen und Innsbruckern immer noch unterschätzt – und das, obwohl fast jede und jeder Dritte dort entweder studiert, dort lehrt, arbeitet oder ihr zuarbeitet. Die Hochschulen schaffen Arbeitsplätze. Sie versorgen uns aber auch mit kompetenten Arbeitskräften. Das beginnt im Übrigen schon bei den studentischen Arbeitskräften und ihrer Bedeutung zum Beispiel für die Tourismuswirtschaft. Das endet bei Hochschul-AbsolventInnen, die bereit sind, ihr Knowhow, ihre Ideen voller Risikobereitschaft in Start-ups zu stecken.

Das waren jetzt alles Vorteile. Wo verstecken sich die Herausforderungen für die Stadt?
Auf den Punkt gebracht: Forschung und Lehre kosten. Sie müssen finanziert werden. Es braucht zudem Infrastruktur, es braucht Raum und zwar sowohl für die Hochschulen selbst als auch für die dort Studierenden und Arbeitenden Wohn- und Lebensraum – und damit ein Gut, das in einer Stadt wie Innsbruck rar und daher auch besonders umkämpft ist.
Als Stadt, so sehe ich es zumindest, haben wir die Pflicht, für die Hochschulen eine kongeniale Partnerin zu sein. Wir setzen dabei auf eine „Politik der kurzen Wege“. Das heißt: Bei drängenden Problemen rasch und unkompliziert ansprechbar sein. Sich regelmäßig mit der jeweiligen Hochschule abzustimmen, hilft Sanierungen, Zu- oder Neubauten effizienter zu realisieren. Einen großen Teil der finanziellen Lasten tragen bei solchen Projekten vor allem der Bund, aber auch das Land, manchmal sind auch EU-Fördertöpfe betroffen, das heißt viele GesprächspartnerInnen und so auch viele Interessen. Wenn die Chemie zum Beispiel zwischen Universität Innsbruck und Stadt Innsbruck und Land Tirol stimmt, dann kann etwa ein „kleines (und schon lange überfälliges) Großprojekt“ wie das Haus der Physik in absehbarer Zeit verwirklicht werden.

Wäre der Campus Innrain mit dem Multifunktionsgebäude, das im September eröffnet wird, dafür ein Beispiel?
Ja, sogar ein recht gutes, denn man sieht hier, wie wichtig es gerade auch für die Stadt ist, sich einzubringen. Denn diese baulichen Veränderungen verändern ja auch immer unsere Stadt – sie sind von städteplanerischer Bedeutung. Eine gute Lösung für die Uni kann und soll auch eine gute Lösung für die Stadt sein.
Ich bin recht zuversichtlich, dass uns das auch mit dem Neubau des MCI nach vielen Anlaufschwierigkeiten und „Stolpersteinen“ nun endlich gelingen wird.

Sie haben bereits erwähnt, dass eine Universitätsstadt nicht nur den aktuellen Anforderungen an Forschung und Lehre entsprechende Hochschulbauten, sondern auch zusätzlichen Wohn- und Lebensraum braucht...
Ja und zwar leistbaren Wohn- und Lebensraum. Das betrifft ganz besonders auch studentisches Wohnen, die Kosten für einen Platz müssen zwischen 400 und 500 Euro im Monat liegen. Wir haben in den letzten Jahren rund 900 zusätzliche leistbare Wohnplätze für Studierende geschaffen. Nicht alle sind bereits fertiggestellt. Bauen von der Planung bis zur Umsetzung braucht Zeit, das gilt für Wohnbau und Infrastrukturbauten gleichermaßen. Zusätzlich haben wir das öffentliche Verkehrsnetz und das Radwegenetz weiter ausgebaut, auch hier ist noch einiges in der Planungs- und Umsetzungsphase –, aber Ermöglichen von Mobilität gehört jedenfalls zum leistbaren (studentischen) Wohnen.

Platzmangel gibt es nicht nur in unserer Stadt, sondern auch in unserer Zeitung. Deshalb eine letzte Frage. Wenn Sie in die Zukunft schauen: Wo liegt die größte Baustelle für die Universitätsstadt Innsbruck?
Die größte Baustelle, also die wichtigste offene Frage, liegt für mich nicht in einem konkreten Bauprojekt, sondern heißt: Wie schaffen wir es, dass die Absolventinnen und Absolventen unserer wirklich hervorragenden Hochschulen in Innsbruck bleiben. Sich hier etwas aufbauen, dass wir sie nicht oder zumindest nur auf Zeit in alle Welt verlieren. Dass sie hier ihr Wissen, ihre Expertise einbringen und mit uns weiter an unserer Stadt bauen. Das passiert zum Teil schon, aber noch zu wenig. Wir werden sie nämlich brauchen, wenn wir auch in Zukunft eine so lebenswerte Stadt sein wollen. Dafür braucht es ein ganzes Potpourri an Maßnahmen und Ideen, die Arbeiten, Forschen, Wohnen und Leben in unserer Stadt noch attraktiver machen. Und das alles wird letztlich nur funktionieren, wenn wir erworbenes Wissen nicht nur zähneknirschend akzeptieren, sondern schätzen, aktiv in Anspruch nehmen und notfalls auch verteidigen – wenn sich die Menschen, die Forschenden, die Lehrenden, die Erfindungsreichen, die Risikobereiten, die Gut-Ausgebildeten hier willkommen fühlen.

Das Interview führte Iris Ullmann.