Jugendliche brauchen Räume, in denen sie sich treffen und ohne Konsumzwang ihre Zeit verbringen können – zum Beispiel wie hier in einem Jugendzentrum.
Jugendliche brauchen Räume, in denen sie sich treffen und ohne Konsumzwang ihre Zeit verbringen können – zum Beispiel wie hier in einem Jugendzentrum.

Der Jugend eine Stimme geben

In Innsbruck wurde vor Kurzem im Gemeinderat der Jugendbeirat beschlossen. In diesem Gremium können Jugendliche ihre Ideen und Vorschläge einbringen und so aktiv an der Gestaltung ihrer Stadt mitwirken

Junge Menschen haben spezielle Bedürfnisse, Anliegen und Sorgen. Damit diese auch von der Politik gehört und gesehen werden, wurde im Oktober-Gemeinderat die Gründung des Jugendbeirats beschlossen. Jakob Egger, BA vom städtischen Referat Frauen und Generationen und Mag.a Martina Steiner, Geschäftsführerin der Plattform Offene Jugendarbeit Tirol (POJAT) erarbeiteten gemeinsam mit ExpertInnen im Bereich der Offenen Jugendarbeit Statuten für den Jugendbeirat. Was genau hinter diesem parteiunabhängigen Gremium steckt und was Jugendlichen am meisten auf dem Herzen liegt, erzählen sie im folgenden Interview.

 

Warum wurde der Jugendbeirat eingerichtet?
Jakob Egger: Der Jugendbeirat wurde ins Leben gerufen, um jungen Menschen die Möglichkeit zu geben, sich aktiv in ihrer Stadt zu engagieren. Der Jugendbeirat soll dazu beitragen, dass die Interessen Jugendlicher und junger Menschen verstärkt in der Gesellschaft gehört und vor allem gefördert werden. Ein Ziel ist es, die Entwicklung einer inklusiven und partizipativen Gemeinschaft weiter zu intensivieren. Weiters fördert der Jugendbeirat das demokratische und politische Bewusstsein, indem die Jugendlichen politische Prozesse hautnah erleben können.

Welche Möglichkeiten bietet der Jugendbeirat für Jugendliche?
Egger: Die Jugendlichen können Projekte und Veranstaltungen initiieren, die den Jugendlichen selbst, aber auch der Gesellschaft zugutekommen, wie z. B. kulturelle Veranstaltungen, Sportaktivitäten, Umweltinitiativen oder Bildungsprogramme. Hier sind die Interessen der Jugendlichen gefragt. Der Jugendbeirat kann auch als Brücke zwischen jungen Menschen und den Entscheidungsträgern in der Politik dienen. Somit wird der Informationsaustausch und das Verständnis zwischen den Altersgruppen verstärkt.
Martina Steiner: Der Jugendbeirat verfügt über ein eigenes Projektbudget, das der Umsetzung der gemeinsam gewählten Projektideen dienen soll. Neben den Projekten bietet der Innsbrucker Jugendbeirat jedoch ein zentrales Forum für die Stimme der Jugend. Gemeinsam können die im Jugendbeirat vertretenen Personen bestimmten Themen mehr Gehör verschaffen.

Was sind derzeit die drängendsten Anliegen von Jugendlichen in Innsbruck?
Steiner: Junge Menschen in Innsbruck bewegen grundsätzlich ähnliche Themen wie Jugendliche im gesamten deutschsprachigen Raum: Die größten Sorgen sind laut Umfragen die Inflation, Krieg in Europa und der Klimawandel. In Tirol wird auch häufig das Thema Wohnraum sowie Arbeitsplatz genannt. Aber auch das Miteinander beschäftigt junge Menschen stark. Und da sind wir schon bei einem zentralen Punkt: Ganz heruntergebrochen auf die Lebenswelt der Jugendlichen sind es Räume, in denen sie sich treffen und miteinander sein können. Diese Räume können indoor und outdoor sein. Sie sollten jugendgerecht und kostengünstig und von den Jugendlichen mitgestaltbar sein. Deshalb gilt es, Angebote zu ermöglichen, in denen Jugendliche selbst mitarbeiten, Verantwortung übernehmen und vor allem: so angenommen werden, wie sie sind.

Für die Erarbeitung der Statuten haben Sie sich bereits bestehende Modelle wie jenes der Stadt Villach oder den Jugendbeirat in Finnland angesehen. Inwiefern kann man von anderen Modellen lernen?
Egger: Seit über 20 Jahren besteht der Jugendrat bereits in Villach und hat in dieser Zeit viele konstruktive Projekte initiieren können. Auf Wunsch der Jugendlichen wurden zahlreiche Bauprojekte umgesetzt, wie z. B. ein Jugendzentrum, Beachvolleyballplätze oder zuletzt eine Trendsportanlage. Der Jugendrat war und ist maßgeblich dafür verantwortlich, dass Jugendkultur gelebt wird, indem Veranstaltungsreihen für Jugendliche organisiert werden. Im Rahmen eines europäischen Austauschprogrammes bot sich die Möglichkeit, die Jugendarbeit in Finnland näher zu betrachten. Der wesentliche Unterschied zum österreichischen Modell besteht darin, dass dort die offene Jugendarbeit gesetzlich verankert ist. Somit existiert in den meisten Gemeinden ein sogenannter „youth council“, welcher mit einem hiesigen Jugendbeirat gleichzusetzen ist. Die Stadt Innsbruck möchte hier natürlich auch europäisch auf dem aktuellen Stand bleiben, weshalb ein adäquates Sprachrohr für die Jugend unumgänglich ist.
Steiner: Meine Erfahrung hat gezeigt: Eine passende Beteiligungsstruktur muss für jede Stadt oder jedes Dorf eigens entwickelt werden. Es ist zwar hoch interessant, sich Jugendbeiräte in Finnland und anderen europäischen und österreichischen Städten anzuschauen, jedoch galt es, das für Innsbruck passende Konstrukt gemeinsam zu entwickeln und ich denke, das ist uns gelungen.

Das Interview führte Michaela Darmann.