Die sog. Zelgergründe zwischen Triumphpforte und IKB-Hochhaus waren noch viele Jahre beliebter Standort von Zirkussen. Hier um 1938.
Die sog. Zelgergründe zwischen Triumphpforte und IKB-Hochhaus waren noch viele Jahre beliebter Standort von Zirkussen. Hier um 1938.

Innsbruck vor 100 Jahren

Aus dem Stadtarchiv von Lukas Morscher

3. Juni
Ein Zirkus in Innsbruck. Diese Woche wird wieder ein richtiggehender Zeltzirkus nach Innsbruck kommen und auf der Zelgerwiese bei der Triumphpforte aufgestellt werden. Es ist der in Deutschland weit bekannte Zirkus Coßmy. Nach dem Ruf, der ihm vorausgeht und nach den uns vorliegenden Urteilen reichsdeutscher Zeitungen über seine Leistungen darf man jedenfalls auf das in der Manege Coßmy zu Sehende gespannt sein.

5. Juni
Die Selbstmordepedemie in Innsbruck. Wie im Vorjahre, so häufen sich auch heuer zu Beginn des Frühsommers, im Mai und Juni, die Selbstmorde. Nach den in den letzten Tagen gemeldeten Fällen haben auch gestern zwei Lebensüberdrüssige den Versuch unternommen, freiwillig aus dem Leben zu scheiden. […]

6. Juni
Selbstmord eines Servitenklerikers. Am 5. d.M. um ungefähr 12 Uhr mittags hat sich der 25 Jahre alte Theologe Elmer H[…] vom 2. Stock des Servitenklosters in Innsbruck in den Hofraum gestürzt und ist mit einem Schädelbruch tot liegen geblieben. H[…] war schon seit längerer Zeit schwermütig und zeigte zeitweise Geistesstörungen. Er hat in letzter Zeit öfters Zeichen von Verfolgungswahn geäußert.

10. Juni
Die Ernennung des Architekten Dr. Holzmeister zum Professor an der Wiener Akademie. Bekanntlich hat das Professorenkollegium der Wiener Akademie der bildenden Künste vor kurzem als Nachfolger Prof. Ohmanns an erster und einziger Stelle den Innsbrucker Architekten Dr. Clemens Holzmeister vorgeschlagen. Wie wir erfahren, hat der Ministerrat in seiner letzten Sitzung diesen Vorschlag angenommen und Dr. Holzmeister zum Professor an der Akademie ernannt. Unser auf diese Wiese geehrte Landsmann wird seine neue Lehrtätigkeit im nächsten Herbst antreten.

13. Juni
Eine aufregende Verbrecherjagd. In der Fallmerayerstraße gab es am vergangenen Mittwoch gegen 6 Uhr abends eine aufregende Szene. In schnellstem Lauf flüchtete ein Mann gegen Wilten zu und wurde von einigen Gendarmen und zahlreichen Passanten verfolgt. Es handelte sich um den verhafteten Anton N[…], der dem Landesgerichte eingeliefert werden sollte, sich aber kurz vor dem Gebäude der Eskorte entriß. Er kam jedoch nur bis in die Glasmalereistraße, wo er eingeholt und festgehalten wurde.

Der Ort des Fluchtversuches. Das Gebäude des heutigen Landesgerichts in der Fallmerayerstraße.
Der Ort des Fluchtversuches. Das Gebäude des heutigen Landesgerichts in der Fallmerayerstraße.

13. Juni
Der Straßenverkehr in Innsbruck. Zu der vom Radfahrerverband für Tirol und Vorarlberg veröffentlichten Beschwerde über die Verkehrsverhältnisse in Innsbruck kommt uns aus Leserkreisen die Anregung zu, an mehreren Stellen der Stadt quer über die Straße Bänder zu spannen mit der Aufschrift: „Links gehen und fahren. Rechts vorgehen und vorfahren!“ Als geeignete Plätze werden in Vorschlag gebracht: Die Kettenbrücke in Mühlau, die Innbrücke, der Straßendurchlaß Zirl-Karwendelbahn, die Leopoldstraße bei der Wiltener Kirche, die Pradlerbrücke und das Brückenplatzl in der Reichenauerstraße.

16. Juni
Das Warenhaus Bauer-Schwarz veranstaltet vom 16. bis 21. Juni eine Sommer-Wirtschafts-Woche unter der Devise „Für das Kind“. Von der gesamten Wochenlosung überweist das Warenhaus ein Prozent den Vereinen: Jugendfürsorge, Blindenfürsorge und Säuglingsheim.

23. Juni
Wiener Straßenbahner in Innsbruck. Gestern vormittags kamen in Innsbruck einige hundert Wiener Straßenbahner, zum Teil mit ihren Frauen, zum Besuche ihrer Innsbrucker Kollegen an. Vormittags spielte die Musikkapelle der Wiener am Boznerplatz, abends fand in den Stadtsälen ein großes Konzert der Wiener statt.

24. Juni
Das Projekt einer Schwebebahn auf den Patscherkofel. Das Bundesministerium für Handel und Verkehr hat der Gemeindevorstehung in Igls die Bewilligung zu technischen Vorarbeiten für eine als Seilschwebebahn auszuführende Bahn niederer Ordnung von Igls auf den Patscherkofel auf die Dauer eines Jahres erteilt.

 

Buchtipp

Thomas Albrich, Nikolaus Hagen, Stefan Stachniß
Flieger aus Tirol und Vorarlberg in den k.u.k. Luftfahrtruppen
Bd. 1: Feldpiloten, Beobachteroffiziere und Ballonfahrer bis Ende 1915
Veröffentlichungen des Innsbrucker Stadtarchivs, Neue Folge 78/1
ISBN 978-3-7030-6578-1, 180 Seiten, gebunden, 24,90 €
Erhältlich auch im Online-Shop des Stadtarchivs unter: www.innsbruck.gv.at/shop
Die wenig bekannte Geschichte der k. u. k. Luftfahrtruppen, erzählt in 50 Biografien.
Zum Bildgedächtnis des Ersten Weltkriegs gehören Kanonen, Stellungen im Hochgebirge und Soldaten, die gegen Schneemassen und Lawinen ankämpfen. Dass diese Bergwelt an der Tiroler Front gleichzeitig auch die Kulisse für einen erbitterten Luftkrieg darstellte, das ist weit weniger bekannt. Nicht nur war Tirol ein Schauplatz dieses Luftkrieges, sondern Soldaten aus Nord- und Südtirol, dem Trentino und Vorarlberg waren als Angehörige der österreichisch-ungarischen Fliegertruppe an den verschiedensten Kriegsschauplätzen als Piloten, Beobachteroffiziere und als Bodenpersonal eingesetzt. Der größte Teil dieser Personen – darunter zahlreiche Pioniere des Flugwesens – ist bislang völlig unbekannt.
Dieses mehrbändige kollektivbiografische Werk schließt damit eine große Forschungslücke zum Ersten Weltkrieg und zur Sozialgeschichte des Militärs in Westösterreich: Erstmals werden die Angehörigen der k.u.k. Luftfahrtruppen aus dem historischen Tirol und Vorarlberg umfassend biografisch untersucht und dargestellt. Die Grundlage der Darstellung bilden Aktenstudien im Kriegsarchiv in Wien und in den regionalen Archiven sowie zahlreiche bislang unbekannte Dokumente und Fotografien aus privatem Besitz. Neben der kollektivbiografischen Untersuchung enthält das Werk erstmals auch eine umfassende und konzise Darstellung des Luftkriegs an der Tiroler Front und im westösterreichischen Hinterland.