Die Konditorei und das Kaffeehaus Munding in der Kiebachgasse um 1910.
Die Konditorei und das Kaffeehaus Munding in der Kiebachgasse um 1910.

Der Weihnachtsbaum ist da

Auf mehr als 3.300 Hektar Fläche werden heutzutage Weihnachtsbäume angebaut. In den Anfängen des neu aufgekommenen Weihnachtsbrauches musste der stadtnahe Wald herhalten. Bald schon ergriff die Behörde Maßnahmen zum Schutz des Waldes.

Die Anfänge des Brauches, das Weihnachtsfest mit einem Baum zu verschönern, der Mittelpunkt des familiären Beisammenseins und der Bescherung ist, der im Licht der Kerzen erstrahlt und reich geschmückt wird, sind in vorreformatorischer Zeit im Elsass zu finden. Aber erst im 18. Jahrhundert schwappt der ursprünglich protestantische Brauch auf Europa und die Welt über. Vor allem das städtische BürgerInnentum in Verbindung mit der Vereinskultur in den Städten wird zum ersten Träger des neuen Brauchtums. Zögerlich verbreitet sich der Christbaum dann auch in der ArbeiterInnenschicht und in der ländlichen Bevölkerung, wo er allerdings noch um 1900 nicht überall anzutreffen oder bekannt gewesen war.

Es begann in Wien – eine Geschichte
Henriette Alexandrine Friederike Wilhelmine Prinzessin von Nassau-Weilburg, Gemahlin von Erzherzog Karl von Österreich, brachte 1816 den ersten Weihnachtsbaum mit brennenden Kerzen nach Wien. Eine Geschichte über sie erzählt, dass Henriette so wie die Jahre zuvor einen Baum für das Weihnachtsfest aussuchte. Anschließend ging sie mit ihrer ältesten Tochter in die Stadt, um zur Bescherung Spielzeug für ihre jüngeren Kinder zu besorgen. Bei der Verkäuferin erkundigte sich die Prinzessin über das Befinden derer Kinder, worauf die Verkäuferin weinend sagte, sie habe soeben eines an Scharlachfieber verloren. Sich der Ansteckungsgefahr bewusst, verließ Henriette sofort den Laden und eilte mit ihrer Tochter nach Hause. Dort angekommen fühlte sie sich schon kränklich. Henriette starb am 29. Dezember 1829 an Scharlach.

Seit 1934 findet sich in der Innsbrucker Altstadt vor dem Goldenen Dachl der große beleuchtete Weihnachtsbaum.
Seit 1934 findet sich in der Innsbrucker Altstadt vor dem Goldenen Dachl der große beleuchtete Weihnachtsbaum.

Der Christbaum kommt nach Innsbruck
Bis der neue Brauch des Weihnachtsbaumes auch in Innsbruck bzw. Tirol heimisch wurde, dauerte es noch. Über Wien gelangte der Weihnachtsbaum letztlich nach Innsbruck. Clemens Graf von Brandis, Landeshauptmann und Gouverneur von Tirol, ließ erstmals 1841 in der Innsbrucker Hofburg einen mit Kerzen geschmückten Baum für sich und seine Familie aufstellen. Dies war der Startschuss, dass auch bürgerliche Familien mit dieser Tradition im Familienkreis begannen. Und auch die ersten öffentlichen Christbäume ließen nicht lange auf sich warten.

Vereine laden zu Christbaumfeiern
Eine Wirkung der liberalen Verfassung von 1848 war das Entstehen zahlreicher Vereine. Die Innsbrucker Vereine nutzten den neuen Trend zu Weihnachten für karitative Zwecke, indem sie Christbaum-Feiern veranstalteten. Der Elisabeth-Verein war der erste seiner Art, der für die Weihnachtsfeier 1852 im großen Redoutensaal (Stadtsaal) einen Christbaum aufstellte, der mit 153 Losgewinnen behängt wurde. Der Reinerlös dieser musikalisch- deklamatorischen Veranstaltung betrug rund 900 Gulden und kam sozial Bedürftigen zugute. Andere Vereine folgten, so etwa der Frauenverein, der Turnverein, der Katholisch-Politische Volksverein für Nordtirol, der Musikverein und viele mehr. Auch die Feuerwehr veranstaltete
Briefbaum-Verlosungen. Alle zusammen machten die Weihnachtsfeiern so zu einem öffentlichen gesellschaftlichen Ereignis. Besondere Bedeutung kommt dem Radetzky-Verein zu, der 1849 von Johann Nepomuk Mahl-Schedl Ritter von Alpenburg gegründet wurde. Zur Unterstützung invalider Soldaten verschickte er tirolweit die „Fliegenden Blätter des Radetzky-Vereins“. Auf einem dieser Blätter aus dem Jahr 1852 findet sich die erste bekannte Innsbrucker Abbildung eines Christbaumes. Damit hat Mahl-Schedl wesentlich zur Verbreitung des Christbaum-Brauchtums in Tirol beigetragen.

Die erste bekannte Innsbrucker Abbildung eines Weihnachtsbaumes von Johann Mahl-Schedl aus dem Jahr 1852.
Die erste bekannte Innsbrucker Abbildung eines Weihnachtsbaumes von Johann Mahl-Schedl aus dem Jahr 1852.

Auch abseits des Vereinsleben wurde der Christbaum gerne als Attraktion hergenommen. So stellte etwa um 1860 der Konditor Johann Nepomuk Munding in seinem Geschäft in der Kiebachgasse ein reich mit Zuckerwerk behängtes Christbäumchen ins Schaufenster und sorgte so für reges Interesse bei den PassantInnen.

Der Wald hat keine Bäume mehr
Der Brauch, Christbäume in familiärer Umgebung aufzustellen, verbreitete sich rasch, so rasch, dass es bald zu forstpolizeilichen Maßnahmen kam. Aus Rücksicht auf den Wald wurde schon 1875 der Verkauf von Christbäumen untersagt, denn „es wurden zu Weihnachten wohl Hunderte der schönsten jungen Bäumchen gefällt“. In der Folge verlangte die Bezirkshauptmannschaft einen Lizenzschein über die Fällungs- und Verkaufsbewilligung vorzulegen, wollten Verkäuferinnen ihre Christbäume in Innsbruck auf den Markt bringen. Zuwiderhandlungen führten zum Verlust der Bäume und einer empfindlichen Geldstrafe. Den Mangel an Bäumen, unter dem die Innsbrucker Bevölkerung nun litt, versuchte man kreativ mit künstlichen Christbäumen zu begegnen. Trotz dieses kurzzeitigen Engpasses war der Erfolgslauf des Christbaumes nicht mehr zu bremsen. Heute schmücken in der Weihnachtszeit rund 2,5 Millionen Bäume die Wohnzimmer der ÖsterreicherInnen.