Die Hüttenwirtinnen Ruth Scherb, Christina Meilinger und Sonja Schütz (v. l.) beim Stelldichein auf der Umbrüggler Alm.
Die Hüttenwirtinnen Ruth Scherb, Christina Meilinger und Sonja Schütz (v. l.) beim Stelldichein auf der Umbrüggler Alm.

Die Alm-Managerinnen

Warum Frauen auf der Hütte das Zepter schwingen und wie es ihnen gelingt, im rustikalen Almleben Frau zu bleiben: Ein Gespräch mit Innsbrucks Hütten-Chefinnen.

Die Stadt Innsbruck besitzt insgesamt sechs Almen: die Arzler, Höttinger, Umbrüggler und die Bodensteinalm im Gebiet der Nordkette, die Froneben Alm im Stubaital und die Möslalm im Naturpark Karwendel. Der Betrieb wird jeweils an Privatpersonen verpachtet. Eine verpflichtende Frauenquote gibt es nicht, aber – wie der Zufall will – momentan steht es auf Innsbrucks Almen 50:50 zwischen Pächterinnen und Pächtern. Mit zwei von ihnen hat die Innsbruck informiert-Redaktion über das Leben als Almwirtinnen gesprochen.

Wie schaut ein typischer Arbeitstag auf der Alm aus?
RUTH SCHERB: Mein Tag startet um sechs Uhr in der Früh. Als Erstes wird eingekauft, fast alles bei lokalen Produzentinnen und Produzenten, weil uns Qualität wichtig ist. Dann geht’s hinauf zur Alm und den ganzen Tag durch, bis Sonnenuntergang und länger.
CHRISTINA MEILINGER: Von acht bis elf Uhr ist Vorbereitung in der Küche, und ab Mittag den ganzen Tag Vollbetrieb, weil wir ja durchgehend warme Küche anbieten.

Welche Fähigkeiten braucht es, um eine Alm zu führen?
MEILINGER: Man sollte die Arbeit nicht scheuen, Stressresistenz ist wichtig und die Kommunikation mit Mitarbeiterinnen, Mitarbeitern und Gästen.
SCHERB: Ich sag immer: Mit ein bisschen Hausverstand kann man alles packen. Und man sollte Menschen mögen.

Ist es ein Vorteil, eine Frau zu sein?
SCHERB: Von der Trennung Mann und Frau halte ich nicht so viel. Ich bin als Frau immer korrekt behandelt worden.
MEILINGER: Man wird als Frau manchmal unterschätzt. Wenn ich etwa in Verhandlungen gehe, und da wird nach dem Chef verlangt bzw. dem Mann. Da muss man sich schon sehr behaupten, um auch wahrgenommen zu werden, als Frau und als Chefin. Das passiert vor allem im Umgang mit Geschäftspartnern, im Betrieb selber ist das kein Problem.

 

„Als ehemaliger Pächter der Arzler Alm kenne ich die Herausforderungen, die der Almbetrieb mit sich bringt, genau. Es freut mich, dass wir Halbe-halbe auf unseren Almen leben.“

Vizebürgermeister Johannes Anzengruber

Vizebürgermeister Johannes Anzengruber

Wie wird man von Gästen angesprochen, die einen nicht kennen? Mit Fräulein?
SCHERB: Da mich sehr viele kennen, passiert das nicht oft, aber Fräulein kommt vor (lacht).
MEILINGER: Da ich hauptsächlich in der Küche arbeite, stellt sich das Problem für mich nicht.

Sind Beruf und Privatleben auf der Alm vereinbar?
MEILINGER: Da wir die Alm zu zweit führen, müssen wir schauen, als Paar noch Zeit zu haben, das ist schon eine große Herausforderung. Soziale Kontakte finden vor allem in der Winterpause statt bzw. werden da so gut wie möglich nachgeholt.
SCHERB: Meine Kinder sind zum Glück schon erwachsen. Ich habe auch einige Jahre als Alleinerzieherin mit kleinen Kindern in der Gastronomie geschafft, da geht’s mir jetzt vergleichsweise gut.

In welcher Rolle fühlen Sie sich am wohlsten?
SCHERB: Also das Chefin-Sein mag ich am wenigsten. Ich mag und schätze an der Alm ja vor allem den persönlichen, freundschaftlichen Umgang mit allen.
MEILINGER: Man ist alles zugleich: Partnerin, Geschäftspartnerin, Chefin. Wichtig ist mir, dass ich auch mit meinen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern auf Augenhöhe bin.

Was tun Sie zum Ausgleich?
SCHERB: Für mich ist die Alm an sich schon ein Ausgleich (lacht). Im Ernst: Als Hüttenwirtin gehe ich voll auf, auch die Beziehung zu meinem Mann und meiner Familie tut mir gut.
MEILINGER: Das kenne ich. Ich stehe am Abend oft in der Küche, da kann ich in Ruhe ich sein. Ich gehe aber auch gerne in die Natur oder treffe mich, so gut es geht, mit meinen Freundinnen.

Das Gespräch führte Willi Giuliani.